# taz.de -- Hamburger Volksentscheid: Schulreformgegner liegen vorn | |
> Nach den ersten Auszählungen sieht es so aus, als würde die sechsjährige | |
> Primarschule in Hamburg nicht eingeführt werden. Die Wahlbeteiligung lag | |
> bei nur 39 Prozent. | |
Bild: Es geht um die Zukunft: Beim Volksentscheid in Hamburg stimmte nach erste… | |
HAMBURG dpa | Geringe Wahlbeteiligung beim Volksentscheid über die | |
umstrittene Schulreform in Hamburg: Nur 39 Prozent der knapp 1,3 Millionen | |
Wahlberechtigten haben am Sonntag über die Einführung einer sechsjährigen | |
Primarschule abgestimmt. Rund 64 600 Menschen kamen nach Angaben des | |
Landeswahlamtes in die gut 200 Wahllokale in der Hansestadt (5,1 Prozent). | |
Abstimmungsleiter Willi Beiß war von einem Andrang von etwa 90 000 | |
Hamburgern ausgegangen. Etwa 427 000 Wahlberechtigte (33,8 Prozent) | |
stimmten per Briefwahl ab. | |
Beim ersten verbindlichen Volksentscheid in dem Stadtstaat wurde mit einem | |
äußerst knappen Ergebnis gerechnet. Ein vorläufiges Endergebnis sollte | |
gegen 23.00 Uhr vorliegen. | |
Noch vor Schließung der Wahllokale erklärte Regierungschef Ole von Beust | |
(CDU) seinen Rücktritt. Der Sprecher der Reformgegner-Initiative "Wir | |
wollen lernen", Walter Scheuerl, sagte im Anschluss an seine Stimmabgabe, | |
er gehe nicht davon aus, dass der Rücktritt Auswirkungen auf den | |
Volksentscheid habe. Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) sprach bei ihrer | |
Stimmabgabe in Hamburg-Altona von einem wichtigen Tag für Hamburg. | |
Die Bürger mussten entscheiden, ob es künftig statt der vierjährigen | |
Grundschulen sechsjährige Primarschulen geben soll. | |
Während alle Fraktionen der Bürgerschaft der Auffassung sind, dass durch | |
ein längeres gemeinsames Lernen mehr Gerechtigkeit in das Schulsystem | |
einzieht, meinen die Reformgegner, dass Primarschulen der falsche Weg | |
seien: Sie gefährdeten die Gymnasien, behinderten leistungsstarke Schüler | |
und benachteiligten schwächere Schüler. | |
Um bei dem Volksentscheid erfolgreich zu sein, mussten die Reformgegner | |
mindestens 247 335 Hamburger auf ihre Seite ziehen - 20 Prozent aller | |
Wahlberechtigten. Außerdem durften die Befürworter sechsjähriger | |
Primarschulen nicht mehr Stimmen haben als die Gegner. | |
Die Primarschulen sind nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Teil der | |
Hamburger Schulreform. Insgesamt geht der bildungspolitische Strukturwandel | |
in der Hansestadt deutlich weiter. Vorgesehen ist, dass es vom kommenden | |
Schuljahr an nur noch drei allgemeine Schulformen geben soll: sechsjährige | |
Primarschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien. In den Primarschulen | |
erhalten die Kinder ihr Rüstzeug, auch von Lehrern aus weiterführenden | |
Schulen. | |
Im Anschluss an die Primarschule entscheiden die Eltern, ob ihr Kind auf | |
eine Stadtteilschule oder auf ein sechsstufiges Gymnasium wechselt. Beide | |
bieten alle Abschlüsse bis zum Abitur an, wobei die Hochschulreife an den | |
Gymnasien nach insgesamt 12 Schuljahren, an den Stadtteilschulen nach 13 | |
Jahren erreicht wird. | |
Die Klassengrößen werden begrenzt, das Sitzenbleiben weitgehend abgeschafft | |
und mehr Lehrer eingestellt. Die Kosten der Reform summieren sich nach | |
Angaben der Schulbehörde bis einschließlich 2016 auf rund 427 Millionen | |
Euro. Insgesamt gibt Hamburg in diesem Jahr für alle Schulen und Lehrer | |
laut Haushaltsplan rund 1,5 Milliarden Euro aus. | |
18 Jul 2010 | |
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