# taz.de -- Fairhandels-Stadt Heidelberg: Auf der Spur von 13,4 Tonnen Kaffee | |
> Der Verein Trans Fair kürt Städte, die sich für fairen Handel einsetzen, | |
> zu "Fairtrade-towns" - so auch Heidelberg. Eine Spurensuche nach fairem | |
> Kaffee. | |
Bild: Fair enough! Geröstete Kaffeebohnen. | |
Kaffee gehört immer noch zu den am häufigsten fair gehandelten Produkten. | |
So trinkt man auch in Heidelberg gerne Kaffee. Das sagt zumindest Sabine | |
Lachenicht, vom Amt für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie der Stadt | |
Heidelberg. Die Organisation „Trans Fair“ zeichnete Heidelberg Ende Juni | |
zur Fairtrade-Town aus. Insgesamt gibt es bereits 130 Kommunen, die zu den | |
Fairtrade-Towns gehören, wie Berlin oder Düsseldorf. | |
Heidelberg ist die zweite Stadt in Baden-Württemberg. Die Organisation | |
Trans Fair verleiht das „Fairtrade“-Siegel an Städte, die sich durch ihren | |
Einsatz für den fairen Handel zugunsten der Produzenten in | |
Entwicklungsländern wie Mittelamerika oder Indien einsetzen. Die | |
afrikanischen Bauern erhalten nur wenig Lohn. Fair gehandelter Kaffee | |
kostet ein wenig mehr. Wer in Heidelberg den Weltladen in der Altstadt | |
besucht, bekommt einen „Heidelberger Partnerschaftskaffee“. Dieser kostet | |
3,99 Euro das Pfund. Rund einen Euro mehr als ein konventioneller Kaffee, | |
dessen Preis der Markt bestimmt. | |
Für nur 1,20 Euro gibt es ihn im Becher in der Mensa. Jede der vier Mensen | |
verkauft laut dem Einkäufer der Universität, Arnold Neveling, Kaffee und | |
weitere Produkte des fairen Handels wie Wein aus Südafrika. Vor der | |
„Marstall-Mensa“ sitzt George. Braun gebrannt, Rastalocken, in lockerer | |
Haltung, lächelnd, ein Buch lesend. Der 21jährige studiert Germanistik und | |
Slawistik in Heidelberg. Er lobt die Idee des fairen Handels, „glaubt aber | |
nicht, dass es alle durchhalten werden.“ Weil es anstrengend sei und viel | |
koste. Er hat nichts davon gewusst, dass die Stadt, in der er studiert, die | |
Auszeichnung „Fairtrade town“ erhalten hat. „Ich verstehe nicht, warum | |
Heidelberg angeblich fairen Handel betreibt“, sagt er kopfschüttelnd. Der | |
Kaffee ist dafür, dass er fair gehandelt ist, günstig. George wundert sich. | |
Der niedrige Preis mag an den riesigen Mengen liegen, die Neveling | |
einkauft. Er bestätigt die Vermutung nicht. | |
„2001 haben wir 1,5 Tonnen an Partnerschaftskaffee verkauft. 2009 waren es | |
13,4 Tonnen“, sagt Rudi Kurz mit leuchtenden Augen bei der Verleihung des | |
„Fairtrade“-Siegels im Heidelberger Rathaus. Er vertreibt den Heidelberger | |
Partnerschaftskaffee, ein für die Stadt typisches Produkt des fairen | |
Handels. Der Kaffee wird in den Weltläden, aber auch in einigen anderen wie | |
Penny oder Lidl verkauft. Ein Mitarbeiter des Weltladens kritisiert, dass | |
man die Supermarktketten nicht als fair bezeichnen könnte. Dazu seien die | |
Arbeitsbedingungen zu schlecht. | |
Im Rathaus nimmt man das Fairness-Gebot ernst. Sabine Lachenicht fährt mit | |
ihrem Rad zur Arbeit. Alle Mitarbeiter müssen im Rathaus fairen Kaffee | |
trinken und noch mindestens ein weiteres fair gehandeltes Produkt wie Saft | |
genießen. Wenn Vereine oder Kirchen sich für den fairen Handel einsetzen, | |
genügt es, wenn sie fairen Kaffee beim Kirchenkaffee ausschenken. Oder wenn | |
Vereine mit fairen Fußbällen auf der offiziellen Siegelverleihung vertreten | |
sind und die Menschen mit einer Showeinlage für einen kurzen Moment | |
begeistern. Wie der Fußball-Freestyler Thomas Rist bei der | |
Siegelverleihung. Und der nachhaltige Effekt? „Zum Beispiel ein faires | |
Frühstück auf der Neckarwiese“, sagt Isolde Hauser, ehrenamtliche | |
Mitarbeiterin des effata-Weltladens. | |
Wer durch Heidelbergs Altstadt geht, findet fair gehandelten Kaffee in der | |
Tat nur im Weltladen. In zwei Filialen der Café-Kette „Coffee and Kiss“ | |
soll es laut Aussagen des Inhabers sowohl konventionellen, als auch fair | |
gehandelten Kaffee geben. Hier sagt der Inhaber etwas mürrisch, dass er | |
Wert auf die konventionelle Hausmarke lege. Eine Straße tiefer, in einer | |
Filiale der gleichen Café-Kette, ist eine sympathisch wirkende Studentin | |
froh über einen kleinen Plausch. „Leider ist der faire Kaffee gerade aus. | |
Wir verkaufen den aber auch nur als Kaffee zum Mitnehmen.“ Dass vorrangig | |
konventioneller Kaffee verkauft wird, liege daran, dass zweierlei | |
Röst-Verfahren für den konventionellen und den fairen Kaffee nötig seien. | |
Der Schein trügt nicht. Während nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbandes | |
der Verkauf von Röstkaffee und löslichem Kaffee 2009 angestiegen ist, ist | |
er bei zertifizierten Kaffees und Biokaffee auf dem Vorjahresniveau | |
geblieben. | |
Die freundliche Hüyuk Hüsein, Mitarbeiterin im Heidelberger | |
„Delicatessa“-Lebensmittelgeschäft der „Galeria Kaufhof“, sagt, dass d… | |
Verkauf von konventionellem Kaffee nur 1,6 Prozent am normalen Umsatz | |
betrage. Wie viel davon fair gehandelt ist, kann sie nicht sagen. Auch | |
andere Hersteller wie die Biosupermarktkette „Alnatura“ geben an, dass | |
ihnen der Aufwand dafür zu hoch ist, den Anteil des Umsatzes an fair | |
gehandelten Kaffee zu berechnen. | |
„Früher konnte man die Armut noch schmecken, und der Absatz von Produkten | |
war noch politischer. Heute gibt es keine politischen Präferenzen beim | |
Produkte-Verkauf“, sagt Manfred Helfert, ein langjähriger Mitarbeiter des | |
Weltladens. Der nachhaltige Effekt soll sich laut der Bildungsreferentin | |
des Weltladens, Ina Bratherig, so richtig erst nach der Siegelverleihung in | |
der Stadt zeigen… | |
23 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Jennifer Warzecha | |
## TAGS | |
Wein | |
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