# taz.de -- Jugendkriminalität: SPD will Kinder-Knast | |
> Gegen Gewalttätigkeit bei Kindern und Jugendlichen müsse konsequenter | |
> vorgegangen werden, findet die SPD - zur Not mit einer geschlossenen | |
> Unterbringung. | |
Bild: Zog einen Untersuchungsausschuss nach sich: die geschlossene Unterbringun… | |
Die SPD will, dass der Senat früher und konsequenter gegen straffällige | |
Jugendliche und Kinder vorgeht. Ihre Bürgerschaftsfraktion hat dazu am | |
Mittwoch ein Eckpunktepapier mit Vorschlägen präsentiert. Unter anderem | |
sollen straffällige Kinder und Jugendliche schneller ihren Eltern entzogen | |
werden und es soll eine geschlossene Einrichtung zur intensivpädagogischen | |
Betreuung eingerichtet werden. Das letzte Heim dieser Art in der | |
Feuerbergstraße und die skandalösen Zustände darin zog einen | |
Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft nach sich. Der amtierende | |
schwarz-grüne Senat hatte das Heim geschlossen. | |
Die Debatte um die Jugendkriminalität ist nach einer Reihe spektakulärer | |
Gewalttaten wieder aufgelebt. Bei den Taten sind mehrere junge Leute ums | |
Leben gekommen. Einige der Täter finden sich seit Jahren in den Akten der | |
Jugendämter, der Polizei und der Justiz. Gegen einige liefen zum Zeitpunkt | |
der Taten Verfahren wegen ähnlicher Delikte. Viele dieser Verfahren | |
schleppten sich über Monate hin, obwohl die Politik seit Jahren das Ziel | |
verfolgt, Heranwachsende des pädagogischen Effekts wegen schnell zu | |
bestrafen. | |
Die Vorschläge der SPD laufen auf "frühe erzieherische Maßnahmen mit hoher | |
Verbindlichkeit" hinaus, wie es die Abgeordnete Carola Veit formulierte. | |
Die Jugendämter sollen schneller zu einem Eingreifen gezwungen werden, die | |
Eltern und Jugendlichen weniger Möglichkeiten haben, sich den staatlichen | |
Vorgaben zu entziehen: Sei es, dass die Schulpflicht durchgesetzt wird; | |
dass Eltern Erziehungskurse besuchen und die Delinquenten | |
Anti-Gewalttrainings besuchen müssen. | |
"Bei den Fällen bisher stand die gedeihliche Zusammenarbeit mit den Eltern | |
im Vordergrund", sagte Veit. Jetzt sollten die neuen gesetzlichen | |
Möglichkeiten, sich auf das Kindeswohl zu berufen, genutzt werden. Die SPD | |
wolle psychiatrisch-erzieherisch schon bei auffälligen Kindern ansetzen, um | |
kriminelle Karrieren erst gar nicht Fahrt aufnehmen zu lassen. Der Etat für | |
Hilfen zur Erziehung sei in den vergangenen vier Jahren um 80 auf 250 | |
Millionen Euro geklettert. Dieses Geld müsse nur besser eingesetzt werden. | |
Veit und ihre KollegInnen Jana Schiedek, Andreas Dressel und Thomas Böwer | |
schlagen vor, die Erziehungs- und Fallkonferenzen für Kinder und | |
Jugendliche auszubauen. Die polizeilichen Ansprechpartner der Schulen | |
sollen sich ganz auf diese Arbeit konzentrieren. Häuser des Jugendrechts | |
sollen entstehen, in denen die Spezialisten von Polizei, Staatsanwaltschaft | |
und Jugendgerichtshilfe direkt zusammenarbeiten. Es sollen Waffen verboten | |
und der Alkoholmissbrauch durch Jugendliche mit Testkäufen gestoppt werden. | |
"Wir finden es gut, dass sich auch die SPD dieses wichtigen Themas | |
annimmt", kommentierte die GAL-Justizexpertin Antje Möller die Vorschläge. | |
Der Senat werde wie beschlossen den Bericht der Kommission gegen Gewalt im | |
öffentlichen Raum vorlegen. Dann werde man sehen, "ob er wirklich | |
Hilfestellung benötigt, wie die SPD behauptet". | |
Er könne sich vorstellen, dass sich das eine oder andere Ergebnis der | |
Kommission mit den Vorschlägen der SPD decke, sagte Klaus-Peter Hesse von | |
der CDU-Fraktion. "Ich kann dem Papier nicht groben Unfug vorwerfen." Der | |
Vorschlag, ein geschlossenes Heim einzurichten, sei ein "legitimes | |
Ansinnen", schließlich würden Hamburger Täter derzeit auswärts betreut. Mit | |
der Feuerbergstraße habe das nichts zu tun, daraus hätten "alle ihre Lehren | |
gezogen". | |
28 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Haasenburg Heime | |
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