# taz.de -- Straßenbau in Deutschland: Löcher füllen statt aufreißen | |
> Das Bundesverkehrsministerium soll sparen und will deshalb keine neuen | |
> Auto-, Bahn- und Schiffswege mehr bauen. Keine schlechte Idee, meinen | |
> Umweltexperten. | |
Bild: Auch neue Straßen müssen irgendwann teuer repariert werden. | |
Der Bund baut künftig keine neuen Straßen mehr. Das meldete das | |
Handelsblatt am Montag. Die Zeitung berief sich dabei auf einen internen | |
Vermerk aus dem Bundesverkehrsministerium. Demnach sollen künftig nur noch | |
10 Milliarden Euro für Bau und Erhalt von Verkehrswegen zur Verfügung | |
stehen. Im aktuellen Haushaltsjahr sind es dank üppiger Zahlungen aus den | |
beiden Konjunkturpaketen der Bundesregierung noch 12,6 Milliarden Euro. Das | |
Geld soll künftig so gut wie vollständig für Reparaturen ausgegeben werden, | |
heißt es. Die Bauindustrie protestierte bereits energisch und drohte, | |
zahlreiche Mitarbeiter auf die Straße zu setzen. | |
Auf taz-Nachfrage hin wiegelte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums | |
zunächst ab: Der Autor des Artikels habe "überreagiert", auch das "Orakel" | |
der Bauindustrie sei unberechtigt. Kleinere Neubauten werde es auch künftig | |
geben, und mit dem Ausbessern von Schlaglöchern und der Überarbeitung von | |
Brücken habe die Bauindustrie auch weiterhin genug zu tun. | |
Zugleich bestätigte der Sprecher aber, dass seine Kollegen im Ministerium | |
derzeit einen Kassensturz vorbereiten und den Bundesverkehrswegeplan | |
überprüfen. Dieser Wunschzettel der Länder wurde 2003 verabschiedet und ist | |
seither die Planungsgrundlage für neue Asphaltpisten, Bahntrassen und | |
Wasserwege. Eigentlich sollte die Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans | |
bereits in diesem Sommer abgeschlossen sein, nun ist frühestens im | |
September mit der Veröffentlichung der Ergebnisse zu rechnen. | |
Experten weisen seit Jahren darauf hin, dass selbst die im "vordringlichen | |
Bedarf" aufgeführten Projekte nur zum Bruchteil finanzierbar sind. In | |
vielen Fällen sind die Bagger nur kurz angerückt, um eine Baustelle zu | |
eröffnen und auf diese Weise die aufwändige baurechtliche Planung | |
aufrechtzuerhalten. "Außerdem wird der volkswirtschaftliche Nutzen | |
traditionell immer zu hoch angesetzt - und die Kosten werden zu niedrig | |
berechnet, sodass es am Schluss für den Steuerzahler immer nur teurer | |
wird", sagt Michael Gehrmann, Infrastrukturexperte des alternativen | |
Verkehrsclub Deutschland. | |
Bei der Instandhaltung dagegen wurde in den vergangenen Jahren gespart. | |
Viele Straßen sind deshalb in schlechtem Zustand. Und weil das Verkehrsnetz | |
wieder deutlich gewachsen ist, wird sich dieses Problem noch verschärfen. | |
Allein knapp 13.000 Kilometer Autobahnen gibt es - 1.300 Kilometer davon | |
sind erst in den vergangenen zehn Jahren neu gebaut worden. Bisher war | |
geplant, in den kommenden Jahren 800 zusätzliche Kilometer zu asphaltieren | |
und 1.600 Kilometer zu verbreitern. | |
Ebenfalls gespart werden soll künftig offenbar bei den Schienen- und | |
Schifffahrtswegen. Für die Vertiefung und den Ausbau von 7.350 Fluss- und | |
Kanalkilometern stehen dieses Jahr noch 1 Milliarde Euro zur Verfügung. Ein | |
riesiger Aufwand, denn in Deutschland gibt es gerade einmal 2.500 | |
Binnenfrachtschiffe. Für deren Belange arbeiten gegenwärtig 13.000 Menschen | |
in der Bundeswasserstraßenverwaltung. | |
Hochwasserschutz übrigens gehört nicht zu den Aufgaben der Behörde. Sie | |
sorgt im Gegenteil dafür, dass die Flüsse schifffahrtsgerechter - und damit | |
hochwasseranfälliger werden. Umweltschützer fordern hier deshalb seit | |
Jahren ein Sparprogramm. Das könnte jetzt Wirklichkeit werden. | |
2 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Annette Jensen | |
Annette Jensen | |
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Straßenbau | |
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