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# taz.de -- Gleichstellung: Frauen sind seltener oben
> Im Nordwesten der Republik sind Chefinnen noch rarer als sonst schon,
> besagt eine neue Studie. Ein Grund: Hier ballt sich die männerdominierte
> Finanzbranche. KritikerInnen fordern verbindliche Quoten
Bild: Huhn im Korb: Als Angelika Jahr 2007 in den Aufsichtsrat des Verlagshause…
Es klingt nach einer Binsenweisheit: Auf Führungsetagen finden sich Frauen
seltener als Männer. Wie jetzt eine Studie des Lübecker
Technologie-Unternehmens Databyte zeigt, ist der Mangel an Chefinnen nicht
zuletzt abhängig von der Region.
Demnach sitzen die "frauenfreundlichsten Unternehmen Deutschlands" in
Berlin - Frauenquote: 19 Prozent. Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Brandenburg und dem Saarland liege sie über 18 Prozent, teilte Databyte
mit. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein beträgt der Anteil von Frauen
in Chefsesseln demnach knapp 17 Prozent, in Bremen - in der Tabelle auf dem
vorletzten Platz - 16 Prozent. Im niedersächsischen Bad Bentheim zählten
die Statistiker gerade mal 14 Prozent Frauen in der Unternehmensführung.
Databyte hat Informationen von rund 1,2 Millionen Führungskräften in etwa
938.000 Unternehmen ausgewertet. Schwerpunkt der Untersuchung lag dabei auf
der regionalen Geschlechterverteilung bis hinunter zur Kreisebene.
Ursache für die Verteilung könnte unter anderem sein, dass Frauen in
kleineren und mittleren Unternehmen stärker vertreten seien als in größeren
Firmen, sagte eine Sprecherin. Das bestätigen wiederum die Ergebnisse des
aktuellen Führungskräftemonitors vom Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung: Vor allem die Top-Führungspositionen in großen
Unternehmen seien fest in Männerhand.
Es ist aber nicht allein die Größe eines Unternehmens, die Hinweise auf den
dortigen Frauenanteil gibt. "Man muss auch nach der Branche fragen", sagt
Ute Brutzki vom Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik bei der
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Denn anders als in Unternehmen des
Gesundheits- oder Sozialwesens seien Frauen in der Finanzdienstleistung
traditionell schlecht vertreten. "Und der Finanzsektor sitzt eher im
Norden", sagt Brutzki. Auch Databyte macht das "männerdominierte Kredit-
und Industriegewerbe" für die niedrigeren Frauenanteile im Norden
verantwortlich.
Tanja Kühne aus Hannover ist selbst Unternehmerin. Die niedersächsische
Landesvorsitzende des Verbands deutscher Unternehmerinnen (VDU) übernahm
vor vier Jahren den Chefsessel einer Design- und Werbeagentur - von einem
Mann. "Auch in meiner Branche sind Frauen in Führungspositionen selten",
sagt die 38-Jährige. Kühne glaubt, dass Niedersachsen deshalb so wenig
weibliche Chefs hat, weil es ein Agrarland ist. "Die ländlichen Strukturen
hier sind überwiegend männlich dominiert." Sie fordert deshalb eine
verbindliche Frauenquote in der Privatwirtschaft. "Dadurch müssen Firmen
dann überlegen, wie man die Arbeit für Frauen attraktiver macht", sagt die
VDU-Sprecherin.
Auch Ver.di-Referentin Ute Brutzki fordert ein Gleichstellungsgesetz. "Für
Unternehmen müsste es verpflichtend sein, Frauen in die Führungsetage zu
holen", sagt sie. Ein Anreiz könnte sein, diejenigen Firmen beispielsweise
mit Zulagen zu belohnen, die sich besonders bei der Gleichstellung des
Führungspersonals hervortun. Bislang aber sehe es so aus, als wenn
Deutschland beim Gender Mainstreaming noch lange Zeit seinen europäischen
Nachbarn hinterherhinke. "Das Land tut sich sehr schwer", sagt Brutzki.
Eine freiwillige Vereinbarung zwischen Bundesregierung und
Privatwirtschaft, zukünftig mehr leitende Positionen mit Frauen zu
besetzen, habe bisher kaum sichtbare Erfolge gezeigt.
Erste Signale eines politischen Entgegensteuerns kommen derzeit aus
Hamburg. Zusammen mit Bayern hat sich der Stadtstaat auf der jüngsten
Justizministerkonferenz im Juni dieses Jahres für eine gesetzliche
Frauenquote für Führungspositionen in der Wirtschaft stark gemacht. "Es
reicht nicht mehr aus, nur Appelle an die Unternehmen zu richten", hatte
Hamburgs Justizsenator Till Steffen (GAL) im Vorfeld gesagt.
Die Quote sollte demnach im Bereich von 20 Prozent anfangen und sich dann
bis zu 40 Prozent steigern, schlug Steffen vor. Weil die Justizminister der
Länder sich jedoch nicht einigen konnten, verschoben sie das Thema auf das
kommende Treffen im Frühjahr 2011.
5 Aug 2010
## AUTOREN
Uta Gensichen
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