# taz.de -- Hochwasser in Sachsen: Neun Tote durch Blitzflut | |
> Im Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Polen sind mindestens neun | |
> Menschen beim schlimmsten Hochwasser seit 2002 ertrunken. Weiterer Regen | |
> ist angekündigt. | |
Bild: Hochwasser und kein Ende in Sicht: überfluteter Radweg im Landkreis Gör… | |
ZITTAU/GÖRLITZ dpa | Reißende Fluten, dramatische Rettungsaktionen und | |
mindestens neun Tote: Sachsen und die angrenzenden Gebiete in Tschechien | |
und Polen haben am Wochenende die schlimmste Naturkatastrophe seit der | |
Jahrhundertflut im August 2002 erlebt. Mindestens neun Menschen kamen dabei | |
ums Leben. Mehrere Menschen, die sich verzweifelt an Bäume und | |
Brückenpfeiler geklammert hatten oder auf den Dächern ihrer überfluteten | |
Häuser ausharrten, konnten erst in letzter Minute gerettet werden. | |
Im Erzgebirgsort Neukirchen ertranken am Samstag eine 72-Jährige, ihr | |
74-jähriger Ehemann und ein 63-jähriger Nachbar bei dem Versuch, | |
Waschmaschinen aus dem Keller ihres Mehrfamilienhauses zu retten. Dort und | |
im nahen Chemnitz waren 10.000 Haushalte ohne Strom. In mehreren Regionen | |
Sachsens wurde Katastrophenalarm ausgerufen. | |
Entlang der Neiße hatten Lautsprecherwagen die Menschen vor einer massiven | |
Flutwelle gewarnt, nachdem im polnischen Radomierzyce (Radmeritz) eine | |
Staumauer gebrochen war. | |
In Polen sprach Innenminister Jerzy Miller am Sonntag von drei Todesopfern. | |
Medienangaben zufolge starben zwei Frauen und ein Feuerwehrmann, der bei | |
der Sicherung eines Deiches vom Wasser mitgerissen wurde. Ein Landrat und | |
sein Fahrer überlebten, weil sie sich neun Stunden an umtoste Bäume | |
klammerten. Ihr Wagen war von der Hochwasserwelle nach dem Dammbruch | |
erfasst worden. Etliche vom Wasser eingeschlossene Menschen in der Region | |
wurden von den Dächern ihrer Häuser gerettet. Bogatynia - eine Stadt mit | |
mehr als 18 000 Einwohnern - war für Stunden fast vollständig überflutet, | |
mehrere Häuser stürzten ein. | |
In Tschechien ertranken ebenfalls mindestens drei Menschen, teilten die | |
Behörden mit. Drei Menschen wurden zunächst noch vermisst: Ein Mann stürzte | |
vor den Augen anderer in einen reißenden Fluss. Mehr als 2000 Menschen | |
mussten am Wochenende in Notquartieren übernachten, nachdem mehrere | |
Ortschaften überflutet wurden. Etliche Personen wurden mit Hubschraubern | |
gerettet und in Sicherheit gebracht - unter anderem von Luftrettern aus | |
Deutschland. Mehrere Zugverbindungen nach Deutschland waren unterbrochen. | |
In Görlitz trieb die Blitz-Flut an der Neiße den Pegel nach einem | |
Staumauer-Bruch in Polen binnen drei Stunden um vier Meter in die Höhe. Der | |
normale Wert liegt dem sächsischen Hochwasserzentrum zufolge im Mittel bei | |
1,70 Meter. Der Pegel in Görlitz stieg am Sonntagmorgen auf mehr als sieben | |
Meter an - und damit auf den höchsten Wert seit Beginn der Messungen im | |
Jahr 1912. Retter bargen dort vom Hubschrauber aus einen völlig erschöpften | |
Mann, der sich verzweifelt an einen Brückenpfeiler geklammert hatte. | |
Rasend schnell war das Wasser am Samstag auch in die knapp 40 Kilometer von | |
Görlitz entfernte Stadt Zittau geflutet, ein Wohnviertel wurde evakuiert. | |
"Hier herrscht absolutes Chaos, das übertrifft alles bisher Dagewesene", | |
sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Mehrere Menschen wurden verletzt oder | |
vom Wasser eingeschlossen. Helfer waren in Schlauchbooten unterwegs. | |
In Dresden lagen die Pegelstände am Wochenende noch weit unter den 9,40 | |
Metern Höchststand von 2002, das Terrassenufer war aber bereits gesperrt. | |
Um die Altstadt zu schützen, baute die Feuerwehr mobile Wände auf. Die | |
Sächsische Dampfschifffahrt stellte den Verkehr ein. | |
Schneller und mit größerer Wucht als erwartet bewegt sich die | |
Hochwasserwelle in Richtung Brandenburg. Das Landesumweltamt hält die | |
höchste Alarmstufe 4 bereits an diesem Montag an der Spree oberhalb der | |
Talsperre Spremberg für möglich, sagte Präsident Matthias Freude. "Das | |
werden Wassermengen sein, die die Spree seit vielen Jahren nicht gesehen | |
hat", so Freude. Zudem werde das Hochwasser an der Neiße höher als erwartet | |
ausfallen. | |
Das Tief "Viola" hatte die Wassermassen auf seinem Weg gen Osten gebracht. | |
Die extremen Regenfälle seien "nicht so überraschend" gewesen, sagte Robert | |
Scholz, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Tief | |
"Wilhelmina" rückt bereits von Westen mit weiterem Regen an. Die Elbe werde | |
nach kurzer Stagnation anschwellen, sagte Karin Bernhardt vom sächsischen | |
Landeshochwasserzentrum - bis Dienstag auf einen Pegelstand von etwa 5,75 | |
Metern. | |
8 Aug 2010 | |
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