# taz.de -- Google gegen Anonymität im Netz: Die Fettnäpfchen des Eric S. | |
> Der Boss des Internet-Konzerns bringt sich erneut mit bedenklichen | |
> Aussagen zu Datenschutz und Privatsphäre ins Gespräch. Anonymität im Netz | |
> sei gefährlich, sagt er diesmal. | |
Bild: "Don't Be Evil": Google-Boss Eric Schmidt. | |
Google hat bei seinen Nutzern nach wie vor ein erstaunlich gutes Image. | |
Obwohl der Internet-Konzern Jahr für Jahr enorme Datenmengen sammelt und | |
bereits gesammelt hat, gilt er als integer, das alte Firmenmotto "Don't Be | |
Evil" ("Sei nicht böse") dient als weithin zitierte Monstranz. Erstaunlich | |
daran ist, dass Google-Boss Eric Schmidt sich in letzter Zeit regelmäßig | |
den Mund mit merkwürdigen Aussagen verbrennt, die Nutzer eigentlich nervös | |
machen sollten. | |
So sagte Schmidt am Wochenende auf der hochrangig besetzten | |
"Technonomy"-Konferenz in Kalifornien vor Journalisten und Publikum, die | |
Gesellschaft sei "grundsätzlich noch nicht bereit" für "nutzergetriebene | |
Technologie", wie sie Google und Co. anböten. Diese ließe sich nur | |
handhaben und gegen Missbrauch absichern, wenn es "mehr Transparenz und ein | |
komplettes Fehlen von Anonymität" gebe. "Echte Anonymität im Netz" sei | |
"gefährlich", so der Google-Boss. | |
Die Aussage ist auch deshalb erstaunlich, weil Schmidts Firma stets betont, | |
die von ihr gesammelten Informationen - etwa die neun Monate lang | |
vollständig vorgehaltenen Google-Suchdaten jedes Einzelnen - seien nicht | |
mit Profilen verknüpfbar und die gespeicherten Herkunftsadressen | |
(Internet-Protokoll-Adressen, IPs), über die Nutzer bei ihrem Provider | |
erfasst sind, dürften datenschutzrechtlich nicht als "personenbezogene | |
Daten" gelten. | |
Schmidts Kritik an der Anonymität steht im krassen Gegensatz zur Haltung | |
von Netzbürgerrechtlern, die sie vehement verteidigen. Die Möglichkeit, | |
ohne Absenderadresse seine Meinung zu sagen, gilt diesen nicht nur als | |
Einladung zum ungestraften Pöbeln, wie es Schmidt offenbar sieht, sondern | |
als Chance für Whistleblower, Missstände aufzudecken. Zudem schützt eine | |
anonyme Nutzung des Netzes vor allzu hartem "Tracking" durch Werbekonzerne | |
oder Regime. | |
Die Aussage des Google-Chefs ist nicht die erste ihrer Art. Im Dezember | |
letzten Jahres sagte er in die Kamera des US-TV-Senders CNBC, wer etwas zu | |
verbergen habe, "solle es vielleicht einfach nicht tun". "Wer wirklich | |
diese Art von Privatsphärenschutz braucht, sollte wissen, dass | |
Suchmaschinen wie Google diese Informationen speichern und wir alle unter | |
den Zwängen des amerikanischen Heimatschutzgesetzes stehen." Schmidt war | |
zuvor gefragt worden, ob die Nutzer Google "wie einen vertrauenswürdigen | |
Freund" behandeln sollten. | |
Schmidt, trotz des deutschen Namens von Geburt an amerikanischer | |
Staatsbürger, wurde von den beiden Google-Gründern Sergey Brin und Larry | |
Page vor mittlerweile neun Jahren als eine Art "erwachsene Aufsichtsperson" | |
auf den Chefsessel gehievt. Zuvor hatte Schmidt eine mittelprächtig | |
aufregende IT-Manager-Karriere hinter sich: Er arbeitete bei verschiedenen | |
Großfirmen wie Zilog oder Xerox, bevor er zu Sun Microssystems ging, die | |
Programmiersprache Java mit aus der Taufe hob und dort dann Technikchef | |
wurde. Höhepunkt vor dem Start seiner Google-Karriere war der Chefposten | |
des für Endkunden eher uninteressanten Netzwerkspezialisten Novell. Bei | |
seinem Vorstellungsgespräch habe Schmidt sie "sehr beeindruckt", sagen Brin | |
und Page stets. Seither gelten die beiden Gründer und der Firmenchef als | |
"Triumvirat", das alle wichtigen Entscheidungen trifft. | |
Allerdings scheint es nicht immer Einigkeit über alles zu geben. Brin, der | |
selbst in der repressiven Sowjetunion groß wurde und als Jude unter der | |
Verfolgung seiner Familie litt, setzte sich beispielsweise massiv dafür | |
ein, dass Google seine Suchmaschine in China nicht zensierte. Mittlerweile | |
leitet der Internet-Konzern sein Angebot nach Hong Kong um, funktionieren | |
bestimmte Suchbegriffe nicht, greift Pekings "große Firewall", nicht | |
Googles Eigenzensur. Laut "Wall Street Journal" hatte sich Schmidt dafür | |
stark gemacht, das China-Geschäft wie gehabt weiter zu verfolgen - der | |
größte Internet-Markt der Welt sei einfach zu wichtig. Zu dem Thema äußerte | |
sich Schmidt dann auch konsequenterweise nicht öffentlich - und konnte | |
nicht in weitere Fettnäpfchen treten. Brin sei der Ansprechpartner zu der | |
Thematik, hieß es aus Googles Hauptquartier. | |
9 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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