# taz.de -- Die Zukunft der Wasserversorgung: Wenn die Seen trockenfallen | |
> Das Klima wandelt Deutschland: Der Wasserspiegel von Seen in Brandenburg | |
> sinkt, damit nehmen Konflikte um das lebenswichtige Nass zu. Wie kann man | |
> es speichern? | |
Bild: Die Lausitzer Seenlandschaft: Noch ist sie eine der Größten in Europa. | |
Der Seddiner See südlich von Potsdam ist gut auf der Karte zu erkennen, die | |
der Projektor auf die Leinwand wirft. "Ein typischer Flachwassersee", sagt | |
Stefan Kaden. Am interessantesten sei die rote Linie drum herum. Sie zeigt | |
im Norden das Wassereinzugsgebiet des Gewässers, im Süden markiert sie, wie | |
weit das unterirdisch aus dem See versickernde Grundwasser fließt — unter | |
Felder, die schon zum Beelitzer Spargelanbaugebiet gehören. | |
"Das ist das Problem", sagt Kaden. Er ist Geschäftsführer der DHI-WASY | |
GmbH, eines auf Wassermanagement spezialisierten internationalen | |
Unternehmens, das seine Zentrale in Berlin-Bohnsdorf hat. "Alle - Anwohner, | |
Erholungsuchende und Spargelbauern — brauchen das Wasser des Sees, aber | |
durch den Klimawandel wird es knapper." | |
Für Brandenburg und Berlin ist das eine große Herausforderung. Die | |
Klimamodelle gehen davon aus, dass die jährliche Durchschnittstemperatur | |
bis zur Mitte des Jahrhunderts um 2 bis 2,5 Grad steigt, während die | |
Niederschläge in etwa konstant bleiben; allerdings sollen sie im Sommer ab- | |
und im Winter zunehmen. Für den Wasser- und Grundwasserhaushalt hat das | |
gravierende Folgen. Im Sommer drohen längere und stärkere Hitzeperioden, in | |
denen viel Wasser verdunstet und verbraucht wird. Zudem könnten laut | |
Prognosen die sommerlichen Niederschläge häufiger als heftige Starkregen | |
fallen, die schnell abfließen, bevor sie die Grundwasserspeicher auffüllen | |
können. | |
Was das für einen See wie den Seddiner bedeutet, haben die Experten der | |
DHI-WASY detailliert analysiert. Zwischen 1977 und 2006 ist der | |
Wasserspiegel um etwa einen Meter gefallen. Und für die Zukunft sieht es | |
nicht besser aus. Die erwartete Verdunstung ist immer höher als die | |
prognostizierten Niederschläge. Erschwerend kommt hinzu, dass in Seenähe | |
Grundwasser entnommen wird: Je mehr abgepumpt wird, desto mehr sickert aus | |
dem See nach, der ein wichtiges Naherholungsgebiet für die Potsdamer ist. | |
Je flacher der See wird, umso schlammiger wird er. "Ohne Wasserzuführung | |
kann er sogar trockenfallen", warnt Kaden. | |
Eine mögliche Lösung: Im Winter könnte Wasser aus der Nuthe, einem nahen | |
Flüsschen, umgeleitet werden. Eine solche Maßnahme ist jedoch nicht nur | |
teuer, sie greift auch tief in die Natur ein. Naturschützer wollen lieber, | |
dass der Mensch sein Verhalten den natürlichen Bedingungen anpasst - nicht | |
umgekehrt. Konkret droht die Gefahr, dass die Nuthe am Ende selbst zu wenig | |
Wasser führt, ihr ökologisches Gleichgewicht käme ins Wanken. Kaden sieht | |
keine Alternative. "Der See ist ein wichtiges Naturelement, das es zu | |
erhalten gilt." Letztlich müsse aber die Politik entscheiden. Gleichwohl | |
werde man nicht alle Seen in Brandenburg halten können. | |
Kadens Aufmerksamkeit richtet sich aber auch auf die Wasserversorgung | |
insgesamt. Er koordiniert einige Wasserprojekte innerhalb des | |
Innovationsnetzwerkes Klimaanpassung Brandenburg Berlin, das vom Bund | |
insgesamt mit 15 Millionen Euro gefördert wird. "Brandenburg wird keine | |
Sahara, aber wir müssen vernünftig mit dem Wasser umgehen und es in der | |
Landschaft halten." Dazu sei es unumgänglich, Wasser zu speichern, am | |
besten als Grundwasser. Das reinige sich selbst, habe eine konstante | |
Temperatur, und im Unterschied zu Stauseen gehe auch nichts durch | |
Verdunstung verloren. | |
Ansonsten hilft alles, was Regenwasser zurückhält: Mulden am Straßenrand | |
oder Sickerschächte etwa. Möglich, so Kaden, sei es auch, Seen im Winter | |
etwas aufzustauen, damit an ihren Rändern mehr Wasser als Uferfiltrat in | |
den Untergrund gelangt. Eine weitere Variante: Wiesen oder Erlengrundwälder | |
im Winter fluten, um Trockenperioden besser zu überstehen. Letztlich | |
müssten aber auch die Menschen ihr Verhalten ändern: "Jeder Tropfen, der | |
nicht verbraucht wird, ist gut." | |
9 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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