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# taz.de -- Kommentar Naturkatastrophen und Atom: Die verdrängte Gefahr
> Klar ist: Atomanlagen und ihre Hinterlassenschaften sind für
> Naturkatastrophen höchst anfällig. Diese Erkenntnis wird in der Praxis
> gern verdrängt.
Die gegenwärtige Lage in Russland enthält alles, was zu einem
Schreckensszenario dazugehört: Unbeherrschbare Naturgewalten treffen auf
geheimnisvolle atomare Altlasten - und das in einem Staat, der für
Intransparenz und Verschleierung berüchtigt ist. Was rund um die russische
Wiederaufbereitungsanlage Malak wirklich im Boden liegt, ist dabei ebenso
wenig bekannt wie das wahre Ausmaß der Brände im verseuchten Gebiet um
Tschernobyl.
Zwar hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Probleme im Zweifel
stets größer sind, als es die russischen Behörden zugeben. Dennoch besteht
nach allem, was bisher bekannt ist, für Panik kein Anlass - zumindest nicht
hierzulande. Die Menschen, die unmittelbar in der betroffenen Region leben,
sind hingegen bedroht, wobei sich das Ausmaß der radioaktiven Verseuchung
derzeit noch nicht beurteilen lässt.
Deutlich klarer ist dagegen, welche übergeordnete Botschaft von den
Waldbränden in Russland ausgeht: Atomanlagen und ihre Hinterlassenschaften
sind für Naturkatastrophen höchst anfällig. Diese Erkenntnis wird in der
Praxis gern verdrängt. Dabei ist die Gefahr real, wie sich nicht nur jetzt
in Russland zeigt. So wurde der Beinahe-GAU im schwedischen Reaktor
Forsmark durch einen simplen Blitzschlag ausgelöst. Und in Deutschland ist
etwa das Atomkraftwerk Biblis nach Ansicht von Experten nicht ausreichend
gegen Erdbeben gesichert, die auch dort möglich sind. Selbst gegen extremes
Hochwasser wie jetzt in Pakistan sind längst nicht alle Reaktoren
geschützt. Im Ausland soll manch neues AKW gar an expliziten
Risikostandorten entstehen, etwa im bulgarischen Belene oder im
brasilianischen Angra, die beide in potentiellen Erdbebengebieten liegen.
Ausgeschlossen. Unwahrscheinlich. Auf jeden Fall beherrschbar - mit solchen
Beschwichtigungsformeln werden mögliche Bedrohungsszenarien stets
kleingeredet. Auch, dass Waldbrände wie in Russland zu radioaktiven Wolken
führen könnten, hätte bis vor Kurzem vermutlich niemand ernst genommen. Nun
zeigt sich, wie wenig es hilft, solche Gefahren auf Dauer zu verdrängen.
Jede Atomanlage stellt ein unkalkulierbares Risiko dar: Diese Aussage
bekommt angesichts zunehmender Extremwetter-Ereignisse eine neue
Aktualität. Dass das politische Konsequenzen haben wird, ist bislang aber
leider noch nicht abzusehen.
11 Aug 2010
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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werden.
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