Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Aufklärung der Loveparade-Katastrophe: Blogger besiegen Sauerland
> Oberbürgermeister Sauerland wollte gegen Autoren vorgehen, die Dokumente
> über die Loveparade online gestellt hatten. Viele Webseiten folgten dem
> Beispiel - bis die Stadt aufgab.
Bild: Will er Aufklärung oder nicht? Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerl…
Wirklich ernst scheint Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU)
die umfassende Aufklärung der Loveparade-Katastrophe nicht zu nehmen.
Blogger, die zur Aufklärung beitragen wollen und interne Dokumente
veröffentlichten, mahnte das Stadtoberhaupt ab und untersagte die weitere
Verbreitung. Das Duisburger Blog [1][Xtranews] hatte am Mittwoch Anhänge
eines von der Stadt offiziell in Auftrag gegebenen Gutachtens
veröffentlicht.
In der Version, die die Stadt selbst auf ihrer [2][Homepage zur Verfügung]
stellt, fehlen diese. Der Zwischenbericht, erstellt von Anwälten der Stadt,
war vor etwa zwei Wochen dem Innenausschuss des Landtags vorgelegt worden
und entlastet die Stadt. Die rund 300 Seiten Anhang des Zwischenbericht der
Stadt zu den Zuständigkeiten der Kommune dagegen lassen die Stadt Duisburg
und Oberbürgermeister Sauerland nach Angaben der Blogger nicht immer gut
aussehen. Es sind ausführliche Protokolle von Sitzungen, Planungskonzepte
und Hintergründe zum Gutachten enthalten.
Weil die Stadt Duisburg in der Veröffentlichung einen Verstoß gegen das
Urheberrecht sah, mahnte sie die Blogger unter Androhung eines
Ordnungsgeldes von 250.000 Euro ab. Die Stadt begründete das Verbot damit,
dass die Anlagen ungeschwärzte, personenbezogene Daten enthielten. Xtranews
nahm die Dokumente daraufhin offline. „Leider ist uns heute per
einstweiligen Verfügung des Landgerichtes Köln untersagt worden, die
Dokumente zu veröffentlichen. Antragsteller ist die Stadt Duisburg
vertreten durch Adolf Sauerland“, schreiben die Blogger. Es ist ein
Skandal, dass der selbsternannte Chefaufklärer Sauerland gegen uns
vorgeht", sagte Stefan Meiners von xtranews der taz.
Die Dokumente, um die es geht, seien ihnen auf einer CD aus dem Landtag
zugespielt worden. Xtranews habe mit mehreren Ratsmitgliedern gesprochen
und keiner von ihnen hätte die Unterlagen zuvor zu Gesicht bekommen. "Die
Unterlagen werfen jede Menge Fragen auf und wir haben uns enstschieden, sie
zu veröffentlichen, weil die Öffentlichkeit an der Aufklärung beteiligt
sein sollte", sagte Meiners. So hätten schon einige Nutzer der Seite zum
Beispiel zu den Zäunen erhellende Kommentare gepostet. "Da sind Normen
anscheinend nicht eingehalten worden. Die Leute sollen sich einen Eindruck
davon machen können", so Meiners.
Die Blogger setzten darauf, dass sich die Dokumente dennoch im Netz
verbreiten: „Gemäß dem Streisand-Effekt ist zumindest die Hoffnung der
Gegenseite nicht erfüllt worden, die Dokumente aus der Schusslinie zu
bringen. Denn mit ihrer Aktion haben sie das Interesse massiv angeheizt“,
hieß es bei Xtranews. Zahlreiche Blogs und Onlinemedien berichteten über
den Fall. Es kursieren etliche Links zu den beanstandeten Dokumenten. Das
linke Onlineportal Indymedia hat die [3][gesamten Dokumente] hochgeladen.
Auch die Speicherung bei Wikileaks wird bereits diskutiert. Aus dem Netz
verschwunden wären die Dokumente nicht mehr.
Selbst der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte sich eingeschaltet.
„Statt Informationsblockaden sollte die Stadt Transparenz herstellen“,
erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Statt juristischer Mittel
sollte die Stadtverwaltung eine partnerschaftliche Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit pflegen. "Das ist sie den Journalisten, aber auch den
Bürgerinnen und Bürgern schuldig."
Am Mittwochabend kapitulierte die Stadt Duisburg. Die unkontrollierbare
Verbreitung sei faktisch nicht mehr zu unterbinden, sagte ein Sprecher. Die
Stadt wolle keine weiteren juristischen Schritte unternehmen.
18 Aug 2010
## LINKS
[1] http://www.xtranews.de/
[2] http://www.duisburg.de/news/zwischenbericht_loveparade.php
[3] http://linksunten.indymedia.org/de/node/24275
## AUTOREN
Paul Wrusch
Frauke Böger
## ARTIKEL ZUM THEMA
Libyer über das Bloggen im Exil: "Arabische Blogs sind politischer"
Journalisten in Libyen sind geknebelt und gleichgültig. Ghazi Gheblawi
bloggt deshalb aus London für unabhängige Medien - und gegen Stereotype
über seine Heimat.
Muslimische Blogger in Deutschland: Live aus der Parallelgesellschaft
Sie sind jung, gut ausgebildet und wollen nicht jedes Medien-Urteil über
ihre Werte akzeptieren: Immer mehr deutsche Muslime bloggen – aus
unterschiedlichen Gründen.
Duisburger Loveparade: Schuldfrage online
Der Veranstalter Rainer Schaller stellt Überwachungsvideos vom Tag der
Katastrophe ins Netz. Die Polizei reagiert empört.
Kommentar Duisburg mahnt Blogger ab: Bar jeder Vernunft
Dass Duisburger Blogger der Öffentlichkeit Infos über die
Loveparade-Katastrophe zur Verfügung zu stellen, ist erfreulich. Dass die
Stadt sie jetzt abmahnt, ist schlichte Sturheit.
Kommentar Loveparade: Fatale Verkehrung der Realität
Duisburgs Stadtoberhaupt steht wie eine deutsche Eiche, 21 Tote hin, mehr
als 500 Verletzte her. Es wäre ein Skandal, würde er es schaffen, im Amt zu
bleiben.
Nach Katastrophe bei der Loveparade: Neue Vorwürfe gegen Adolf Sauerland
Wurde Duisburgs OB schon frühzeitig vor gravierenden Sicherheitsmängeln bei
der Loveparade gewarnt? Das legen Dokumente nahe, die jetzt aufgetaucht
sind.
Nach der Loveparade-Katastrophe: OB-Abwahl unwahrscheinlicher
Die Duisburger Grünen lehnen die Abwahl von Adolf Sauerland ab. Die
Anwaltskanzlei von Ex-Innenminister Gerhart Baum sammelt unterdessen
Aussagen von Betroffenen.
Medienethiker über Loveparade-Berichte: "So entsteht regelrechter Hass"
Die mediale Personalisierung im Fall der Loveparade reduziert komplexe
Sachverhalte und schafft so einen Sündenbock, beklagt Medienethiker
Christian Schicha.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.