# taz.de -- Schlamperei bei der Schufa: Im Schufa-Netz gefangen | |
> Im Eintrag über einen Berliner Fotografen tauchen seit 15 Jahren Schulden | |
> auf, die er selbst nicht verursacht hat. Die Schufa spricht von einem | |
> bedauerlichen Irrtum. | |
Bild: Die Schufa hat große Macht - und macht immer wieder folgenreiche Fehler. | |
BERLIN taz | Wenn Wolfgang Klein sich über die "Schutzgemeinschaft für | |
allgemeine Kreditsicherung" aufregt, kann der Berliner Fotograf schon mal | |
polemisch werden. Dann benutzt er Wörter wie "Stasi des Turbokapitalismus". | |
Oder er redet einfach nur von dieser "Scheiß-Schufa" und ihrem "schlampigen | |
Umgang mit meinen persönlichsten Daten". Doch wer sich Kleins Fall | |
anschaut, versteht, warum er so redet. | |
Klein wurde von der Schufa mit einem anderen Wolfgang Klein verwechselt, | |
der zufällig auch noch am selben Tag Geburtstag hat - und offenbar seine | |
Schulden nicht immer zurückzahlt. Blöderweise wird es von der Schufa immer | |
wieder ihm zugeschrieben, wenn der Doppelgänger Schindluder treibt. Und das | |
seit Jahren. | |
Dass die Schufa beim Umgang mit den Daten der Verbraucher schlampt, kommt | |
häufiger vor. Bei einer Untersuchung von Finanztest waren kürzlich nur 63 | |
Prozent der gespeicherten Daten korrekt. Dabei hat die Auskunftei große | |
Macht. Das Wiesbadener Unternehmen arbeitet mit knapp 4.500 | |
Vertragspartnern zusammen, vor allem Banken, Versandhändlern und | |
Telefonanbietern. Wer einen negativen Eintrag bei der Schufa hat, kann bei | |
der Aufnahme von Krediten Probleme bekommen, ebenso beim Kauf eines | |
Fernsehers auf Raten oder beim Mieten einer Wohnung. | |
Bei Klein beginnt der Ärger im November 1995. Da steht plötzlich ein | |
Gerichtsvollzieher vor der Tür, um angebliche Schulden Kleins bei einer | |
Kreissparkasse im Rheinland einzutreiben. Doch er war dort nie Kunde. Klein | |
findet heraus, dass die Verwechslung auf die Schufa zurückgeht. In seinem | |
Eintrag stehen falsche Wohnadressen in den Niederlanden und rund 2.500 Mark | |
an offenen Forderungen bei der Provinz-Sparkasse. Im Juni 1996 schafft | |
Klein es, die Fehler berichtigen zu lassen. Und denkt, damit hat es sich. | |
Doch im Jahr 2008 bekommt er wieder mehrere Briefe eines | |
Inkassounternehmens, das Geld bei ihm eintreiben will. Schuld ist wieder | |
die Verwechslung mit dem anderen Wolfgang Klein durch die Schufa. | |
Klein ist überzeugt: Würde er sich nicht immer wieder über die | |
Falscheinträge beschweren, hätte er keine Chance auf einen Kredit, würde er | |
mal einen brauchen. Zwischenzeitlich rauschte sein Score, mit dem die | |
Schufa die Kreditwürdigkeit berechnet, auf 20 Prozent herunter, wie aus | |
seinen gesammelten Unterlagen hervorgeht. "Sehr kritisches Risiko", stand | |
dort. Damit bekommt man nicht mal einen Handyvertrag. Klein ist so genervt, | |
dass er über seine Auseinandersetzung mit der Schufa zu bloggen beginnt. Er | |
dreht auch kleine Filme, die er ins Netz stellt. In einem hält er Schilder | |
hoch, um sich über die Verwechslung zu beschweren: "Ich bin's nicht!" | |
Die Schufa hat inzwischen eingeräumt, dass die Fehler auf eine Verwechslung | |
zurückgehen, und die Daten korrigiert - wieder einmal. Kleins Score liegt | |
jetzt bei 99,40 Prozent, "sehr geringes Risiko" heißt das. "Wir bedauern | |
diesen Irrtum sehr und entschuldigen uns bei Ihnen in aller Form", schrieb | |
die Schufa Klein vor vier Wochen. Auf taz-Nachfrage teilt das Unternehmen | |
mit, dass sich "derartige Fälle im Einzelfall trotz aller Sorgfalt nicht | |
immer zu 100 Prozent ausschließen lassen". | |
Auch die Politik hat gemerkt, dass die Auskunfteien transparenter werden | |
müssen. Seit April können Verbraucher einmal jährlich kostenlos einen | |
Auszug aus ihrem Eintrag verlangen. 450.000 Bürger haben das seitdem | |
verlangt. | |
Schufa-Opfer Klein bleibt skeptisch. Auch wenn die Schufa Meldungen zu | |
seiner Person in Zukunft "gesondert beachten" will: Er traut dem Frieden | |
nicht. Klein sagt: "Sicher ist bei der Schufa überhaupt nichts." | |
29 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
Wolf Schmidt | |
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Verbraucherschutz | |
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