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# taz.de -- Auftakt von Telekom-Prozess: Showdown in der Spitzelaffäre
> Vor rund zwei Jahren kam es heraus: Die Telekom spionierte Gewerkschafter
> und Journalisten aus. Nun stehen die mutmaßlichen Hauptakteure vor
> Gericht.
Bild: Die Spitzeleien im Konzern: Kein sonniges Kapitel der Telekom-Story.
KÖLN taz | Die Spitzelaffäre bei der Telekom geht vor Gericht. Ab Freitag
müssen sich vier mutmaßliche Hauptakteure des vor zwei Jahren aufgeflogenen
Skandals vor dem Bonner Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft
wirft ihnen vor, gemeinschaftlich gegen das Bundesdatenschutzgesetz
verstoßen und das Fernmeldegeheimnis verletzt zu haben. Zwölf
Verhandlungstage hat die 3. Große Strafkammer für den Prozess angesetzt.
Auf der Anklagebank Platz nehmen müssen drei frühere Telekom-Mitarbeiter,
darunter Klaus Trzeschan. Dem einstigen Abteilungsleiter der
Konzernsicherheit wird zusätzlich Untreue und Betrug im besonders schweren
Fall zur Last gelegt. Mit dabei sein wird auch Ralph Kühn. Dem Chef der in
Berlin ansässigen Network Deutschland GmbH wird auch noch versuchte
Erpressung vorgeworfen. Im Falle ihrer Verurteilung drohen den Angeklagten
bis zu fünf Jahre Haft.
Kühn hatte mit einem Fax an die Telekom im April 2008 den
Bespitzelungsskandal ins Rollen gebracht. In dem Schreiben forderte er die
Begleichung noch offener Rechnungen und pries die Arbeit seiner EDV-Firma:
"Die Projekte können selbst im nachrichtendienstlichen Maßstab nur als
ungewöhnlich flächendeckend und ausgefeilt bezeichnet werden."
Anstatt die EDV-Dienste zu bezahlen, entschied Telekom-Vorstandschef René
Obermann, die Altlast aus der Zeit seines Vorgängers Kai-Uwe Ricke der
Bonner Staatsanwaltschaft zu übergeben. So kam heraus, dass die
Sicherheitsabteilung der Telekom in den Jahren 2005 und 2006 mehrere
Dutzend Aufsichtsräte, Gewerkschafter und Journalisten ausspioniert hatte,
um eine undichte Stelle im Konzern zu enttarnen. Systematisch wurden
Telefon- und Handyverbindungsdaten erfasst und ausgewertet. Zu den
Ausgespähten gehörten auch hochrangige Gewerkschafter, darunter Verdi-Chef
Frank Bsirske.
Auslöser der "Rheingold" und "Clipper" genannten illegalen Operationen war
ein Bericht des damaligen Capital-Redakteurs Reinhard Kowalewsky über
vertrauliche Planungen der Telekom. Er steht nun als erster von insgesamt
38 Personen auf der Zeugenliste der Staatsanwaltschaft.
Auf der Zeugenliste finden sich auch Ex-Konzernchef Ricke und
Ex-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel. Gegen sie hatte die
Staatsanwaltschaft zunächst ebenfalls ermittelt. Doch im Juni stellte sie
das Verfahren gegen die beiden Topmanager ein. Ihre Einlassungen, sie
hätten von den illegalen Machenschaften ihrer Untergebenen nichts gewusst,
hätten "nicht mit der zur Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden
Sicherheit widerlegt werden können".
Eine Entscheidung, die bei den beiden Opferanwälten Gerhart Baum und Herta
Däubler-Gmelin auf völliges Unverständnis stößt. "Nach allen uns bekannten
Fakten hätte gegen Zumwinkel und Ricke Anklage erhoben werden müssen",
erklärten der Ex-Bundesinnenminister und die Ex-Bundesjustizministerin.
"Dafür liegen eine Reihe schwer wiegender Indizien vor." Außerdem
kritisierten Baum und Däubler-Gmelin, dass die Anklagebehörde "auch alle
Vorwürfe der gezielten Behinderung der Aufsichtsrats- und
Betriebsratstätigkeit völlig außer Betracht" gelassen habe. Dabei hätten
sich die Bespitzelungsaktionen "auf dem Hintergrund kontroverser
beschäftigungspolitischer Auseinandersetzungen im Unternehmen von Anfang an
gezielt" gegen Arbeitnehmervertreter gerichtet.
Als Konsequenz aus dem Skandal hat die Telekom unter anderem ihre
Konzernsicherheit umstrukturiert, einen Vorstand für Datenschutz
installiert sowie einen externen Datenschutzbeirat gegründet. Ungeachtet
der Verfahrenseinstellung gegen Ricke und Zumwinkel versucht das ehemalige
Staatsunternehmen darüber hinaus, zivilrechtliche Ansprüche wegen
Organisationsverschulden und Verletzung der Aufsichtspflicht geltend zu
machen. Sie fordert von den beiden Managern Schadenersatz in Höhe von
jeweils einer Million Euro.
3 Sep 2010
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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