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# taz.de -- Grünes Licht für Rausschmiss: Bundesbank will Sarrazin nicht mehr
> Bundespräsident Christian Wulff nuss nun über die Abberufung von Sarrazin
> als Mitglied des Vorstands entscheiden. SPD und Grüne zeigen sich
> zufrieden mit der Haltung der Bankenführung.
Bild: Bundesbankpräsident Axel Weber verkündet am Donnerstag den Rauswurf.
FRANKFURT/BERLIN ddp/dpa/reuters | Die Deutsche Bundesbank will sich von
ihrem umstrittenen Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin trennen. Dafür sprach
sich ihr Führungsgremium einstimmig aus. Einen solchen Fall gab es in der
Geschichte der Bank noch nie, noch vor einem Jahr war Bundesbankpräsident
Axel Weber damit gescheitert. Nun muss Bundespräsident Christian Wulff über
die Abberufung von Sarrazin als Mitglied des Vorstands entscheiden.
Das Bundespräsidialamt teilte mit, Wulff werde bis dahin keine Stellung
nehmen. Gestern hatte er die Bundesbank bereits aufgerufen, Schaden von
Deutschland abzuwenden. Der langjährige Berliner Finanzsenator Sarrazin war
am 1. Mai vergangenen Jahres auf Vorschlag der Länder Berlin und
Brandenburg in den Vorstand aufgenommen worden.
Ein Sprecher der Bundeskanzlerin sagte, Angela Merkel habe die unabhängige
Entscheidung der Bundesbank "mit großem Respekt zur Kenntnis genommen.
SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte: "Das ist eine konsequente Entscheidung."
Auch der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, hat
sich mit deutlichen Worten von Sarrazin distanziert. "Als Bürger finde ich
die Aussagen abstoßend", sagte er am Donnerstag in Frankfurt.
Die Grünen im Bundestag nannten eine Abberufung Sarrazins "überfällig". Der
finanzpolitische Sprecher Gerhard Schick sagte, der frühere Berliner
Finanzsenator habe das Geldinstitut mit seinen kritischen Äußerungen über
Muslime und zur Integrationspolitik beschädigt. Schick kündigte eine
Initiative der Grünen im Bundestag an, um eindeutige Voraussetzungen für
eine Abberufung eines Bundesbankvorstands festzulegen.
Die Bundesbank hatte sich bereits zu Wochenbeginn in scharfen Worten von
Sarrazin distanziert, der erst seit Mai 2009 bei der Bank ist. Nach
Äußerungen über eine vermeintliche wirtschaftliche Nutzlosigkeit von
Berliner Türken, die nur ständig "neue kleine Kopftuchmädchen"
produzierten, war ihm bereits die Zuständigkeit für den wichtigen Bereich
Bargeld entzogen worden.
Sarrazin hatte ein vorzeitiges Ausscheiden zuletzt nicht mehr
ausgeschlossen. Zugleich distanzierte er sich in der ARD von seiner Aussage
über ein "gemeinsames Gen" aller Juden: "Ich bin definitiv nicht der
Ansicht, dass es eine genetische Identität gibt." Zwar gebe es genetische
Merkmale von Volksgruppen, damit seien die Menschen aber nicht "als
Personen irgendwie identifiziert". Er habe auf die Frage, ob es eine
"genetische Identität" gebe, eher zufällig das Beispiel der Juden genannt.
"Ich hätte sagen sollen: Ostfriesen oder Isländer, dann wäre es kein Thema
gewesen."
Rückendeckung bekam Sarrazin zuletzt vom Vorsitzenden des
Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU): Er teile nicht jede
These, aber beim Thema Zuwanderung könne er nur sagen: "Wo Thilo Sarrazin
recht hat, hat er recht."
2 Sep 2010
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