# taz.de -- Kolumne Politik von unten: Redefreiheit ohne Qualitätskontrolle | |
> Thilo Sarrazin will Klartext reden. Ich auch. Er ist ein rassistisches | |
> Arschloch mit geringem volkswirtschaftlichem Wert. Ja was denn? Bittere | |
> Wahrheiten wird man doch aussprechen dürfen. | |
Redefreiheit ist was Schönes. Für Thilo Sarrazin und für mich auch. Er | |
nennt das "Klartext", ich nenne das Polemik. Aber wir meinen dasselbe. Mein | |
Klartext heute: Thilo Sarrazin hat einen äußerst geringen | |
volkswirtschaftlichen Mehrwert. Er sitzt (noch) im Vorstand der Bundesbank, | |
er lebt also von unseren Steuergeldern, redet aber das Ansehen des Landes | |
in Grund und Boden. | |
Sarrazin mietet für sein Buch die Bundespressekonferenz, vor der Tür stehen | |
Polizisten: wiederum bezahlt von Steuergeldern, die dieser | |
Sozialschmarotzer für seine private Buchsause verprasst. Da gebe ich mein | |
Geld doch lieber der hirn- und arbeitslosen Unterschicht (Definition: | |
Sarrazin), wo es garantiert besser angelegt ist als bei diesem paranoiden | |
NPD-Sprachrohr, das weniger zum Bruttosozialprodukt beiträgt als jeder | |
türkische Gemüsehändler. | |
Ja was denn? So was wird man doch wohl sagen dürfen?! Bittere Wahrheiten | |
eben! Was mich wundert, ist die flächendeckende Weiterverbreitung von | |
Sarrazins Tiraden. Bild kennen wir ja. Aber Lettre International? Die Zeit? | |
Sitzen in diesen Redaktionen lauter Leute, die Demagogie nicht von | |
Redefreiheit unterscheiden können? Die nicht imstande sind, rassistische | |
Äußerungen kritisch und intelligent zu kontern? | |
Nein, das ist keine "notwendige Debatte über Migration". Das ist schlicht | |
rassistische Propaganda, Volksverhetzung unterm Deckmantel der | |
Meinungsfreiheit, und wenn man das nicht unterscheiden kann - eine | |
Generation nach einer faschistischen Diktatur -, dann hat man überhaupt | |
nichts dazugelernt. Islamophobie ist keineswegs harmloser als | |
Antisemitismus. | |
Necla Kelek hat sich mit ihrer Unterstützung für Sarrazin endgültig als | |
mediengeile Alibitürkin geoutet, die sich sogar rechtsaußen vor den Karren | |
spannen lässt. Es hat eine gewisse Ironie, dass sie auffordert, sich | |
"sachlich" mit den Thesen auseinanderzusetzen – als ob Sarrazin mit seinen | |
erfundenen Statistiken selbst sachlich wäre. | |
Noch ein Tipp für die SPD: Schmeißt das rassistische Arschloch raus. Dann | |
habt ihr eine kleine Chance, für die nächste Generation wählbar zu sein. | |
Und wenn Sarrazin sagt, er wolle sein "Parteibuch mit ins Grab nehmen" – | |
bitte schön, von mir aus kann er gern Harakiri begehen. | |
SHEILA MYSOREKAR ist Journalistin und in der Initiative Schwarze Menschen | |
in Deutschland. | |
3 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Sheila Mysorekar | |
## TAGS | |
Integration | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Politik von unten: Innerdeutscher Kulturschock | |
Ich habe in vielen Städten gelebt, in London, Kingston, Buenos Aires. Aber | |
den stärksten Integrationsdruck gab es beim Umzug von Düsseldorf nach Köln. | |
Kopftuchverbot in Arztpraxis: Regeln für "Islamistinnen" | |
Weil ein Arzt aus Wächtersbach in seiner Praxis das Kopftuch verbietet, | |
droht ihm ein Disziplinarverfahren. Aber er bekommt Rückendeckung von der | |
Stadt. | |
Kommentar Entlassung Sarrazins: Abschied eines Demagogen | |
Indem die Bundesbank Sarrazin rauswirft, gewährt sie ihm genau jene | |
Bedeutung, die sie ihm eigentlich nehmen will. Dennoch gab eine keine | |
bessere Lösung. | |
Demagoge Sarrazin: Aufklärung und Zucht und Ordnung | |
Sarrazin muss die Bundesbank verlassen, aber als Betriebsnudel wird er den | |
Talkshows erhalten bleiben. |