# taz.de -- Kulturministerin über Theater: "Klagemauergeschichten schrecken ab" | |
> Die Theater in Niedersachsen bleiben von den Einsparungen im | |
> Landeshaushalt verschont. Das sagt die niedersächsische Kulturministerin | |
> Johanna Wanka, die sich mehr um den mangelnden Nachwuchs im Publikum als | |
> um die Theaterfinanzierung sorgt. | |
Bild: Frau Wanka, hier nicht im Bild, hat das Theater lieb - auch die Landesbü… | |
taz: Frau Wanka, wie definieren Sie Kulturpolitik? | |
Johanna Wanka: Kulturpolitik ist die Aufgabe, die Bedingungen dafür zu | |
schaffen, dass in der Gesellschaft Künstler sich entfalten können und dass | |
Menschen Kultur genießen können. | |
Nach der Haushaltsklausur Anfang August sehen Sie klarer. Wie viel will die | |
Landesregierung bei den niedersächsischen Theatern einsparen? | |
Die Haushaltsklausur hat das Ziel, dass wir die Schuldenbremse ziehen. Es | |
soll keine neue Schulden ab 2020 in Niedersachsen geben. Dazu gehört, dass | |
die Ausgaben reduziert werden. Alle Ressorts müssen Einsparbeiträge | |
abliefern. Der Bereich Wissenschaft und Kultur sehr viel weniger als die | |
anderen. Wir haben es geschafft, dass die Summe, die für Kultur ausgegeben | |
wird, im nächsten Jahr nicht geringer ist als in diesem Jahr. Bei den | |
niedersächsischen Theatern wird nicht gespart. | |
Wie sollen die Theater die Tarifsteigerungen bezahlen, die die Angestellten | |
der Staatstheater in Hannover, Braunschweig und Oldenburg bekommen werden? | |
Im Fall von Braunschweig und Oldenburg werden die Tarifsteigerungen vom | |
Land bezahlt. Beim Staatstheater Hannover, das als GmbH organisiert ist, | |
werden die Tarifsteigerungen nicht automatisch dazugegeben, sondern vorher | |
in den Haushalt einstellt. Zwar haben wir für das Jahr 2011 keine Gelder | |
für die Tarifsteigerungen eingestellt, aber wenn es 2011 Tarifsteigerungen | |
gibt, ist im Haushaltsplan eine Steigerung der Gelder für Hannover um das | |
Doppelte für 2012 verankert. | |
Wie sieht die Finanzierung bei den kommunalen Theatern aus? | |
Bei den kommunalen Theatern bleibt die Zielvereinbarung für das nächste | |
Jahr bestehen. Auch die eine Million Euro, die es in den letzten Jahren | |
jährlich zusätzlich gab, wird im nächsten Jahr wieder gezahlt werden. Das | |
heißt, da verändert sich nichts an der Finanzsituation. | |
Der Intendant der Landesbühne Niedersachsen Nord hat in Bezug auf sein Haus | |
von "ausbluten" gesprochen. Sind die Sorgen berechtigt? | |
Das ist an den Zahlen, die wir kennen, nicht erkennbar. Bei Äußerungen wie | |
"ausbluten" sollte man sich überlegen: Mit welchen Mitteln kann man die | |
besten Effekte erreichen? Nur diese Klagemauergeschichten schrecken eher | |
ab. Eigentlich möchte man als Bühne ja Zuschauer haben. | |
Sind andere niedersächsische Theater von der Schließung bedroht? Lüneburg? | |
Celle? Hildesheim? | |
Wir stehen zu unserer Verantwortung. Die Summen, die vereinbart sind, | |
werden gezahlt plus diese zusätzliche Million. Jetzt ist natürlich wichtig, | |
dass die kommunalen Gebietskörperschaften auch ihre Anteile liefern. Dann | |
gibt es keinerlei Gefährdungen. Für Niemanden. | |
In einer Mitteilung Ihres Ministeriums heißt es, in Niedersachsen habe der | |
Personalbestand im Theaterbereich zugenommen. Die Genossenschaft Deutscher | |
Bühnenangehöriger spricht dagegen von einer Verringerung der fest | |
angestellten SchauspielerInnen um 30 Beschäftigte. | |
Die Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins weist aus, dass es zu doch | |
nicht unbedeutenden Personalreduzierungen kam, aber vor allen Dingen in den | |
neuen Bundesländern, in den Stadtstaaten und auch in Nordrhein-Westfalen. | |
Was die Zahlen unserer Häuser betrifft, muss man sich sehr differenziert | |
die Situation ansehen. Wenn es um Sänger und Schauspieler geht, gab es | |
einen gewissen Rückgang der Beschäftigtenzahl in Niedersachsen; beim | |
künstlerischen Personal in Orchestern gab es einen Zuwachs. Wenn man jetzt | |
sagt, in der einen Sparte sind das insgesamt 30 weniger, dann sind es in | |
der anderen Sparte mehr, so dass wir zu unserer Grundaussage stehen können. | |
Es gab keinen Abbau. | |
Was bedeutet der Druck, Schulden abzubauen, langfristig für die Theater? | |
Ich glaube, eine wesentliche Gefährdung für das deutsche Theater sind nicht | |
die Finanzen in den nächsten drei Jahren oder den nächsten fünf Jahren. Die | |
große Gefahr besteht vielmehr darin, dass es uns nicht gelingt, mehr junge | |
Leute für das Theater zu begeistern. So dass wir in dreißig Jahren einen | |
Kahlschlag bekommen könnten, weil die Zuschauer fehlen. | |
Wie sieht Ihre ideale Theaterlandschaft Niedersachsens aus? | |
Ideal ist eine Theaterlandschaft, wenn sie künstlerisch sehr gut ist. Wenn | |
sie hilft, über das eigene Leben nachzudenken, mit eigenen Problemen fertig | |
zu werden und auch ein Stück Optimismus, Lebensfreude zu wecken. Das hängt | |
in allererster Linie von den Künstlern ab. Wenn wir jetzt beim Theater die | |
ganze Zeit über Geld gesprochen haben, dann darf man nicht vergessen, dass | |
es eigentlich um Kunst geht. | |
8 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Fischer | |
## TAGS | |
Theater | |
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