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# taz.de -- Auftakt des Intersquat-Festivals: Geburtstagsfeier am Lagerfeuer
> Der Auftakt des Intersquat-Festivals bleibt überschaubar: Rund 120
> Menschen demonstrieren an der O2-World gegen die Privatisierung des
> Spreeufers
Bild: Auch bedroht: Wie lange kann das Hausprojekt in der Kastanienallee 86 noc…
Am Ende kommt Lagerfeuer-Atmosphäre auf: Etwa 200 Meter vor der O2-World
steht eine Menschenmasse im Halbkreis um ein brennendes Stück Pappe und
singt "Happy Birthday", bunte Girlanden und Luftschlangen wirbeln durch die
Luft. Die Pappe hat kurz zuvor noch eine Miniatur-Nachbildung des
Eventtempels am Ostbahnhof dargestellt, "Keine Profite für Rechtsklerikale"
hatte jemand mit Filzstift draufgeschrieben um damit an den
O2-World-Betreiber und christlichen Fundamentalisten Phil Anschutz zu
erinnern.
Anlässlich des zweiten Geburtstags von dessen Berliner Arena waren am
Freitagabend rund 120 Menschen durch Friedrichshain und Kreuzberg gezogen,
um gegen den "Betonklotz" zu protestieren. "Dieses Event-Ufo ist nach wie
vor unbeliebt bei den Anwohnern, es verursacht mehr Autoverkehr, jede Menge
Müll und Dreck, von den prekär Beschäftigten in der Halle gar nicht erst zu
reden", schnaubt einer der Demo-Organisatoren.
Zweifelsohne beliebt ist die Halle jedoch bei Sportfans: Während der
Schlusskundgebung der Arena-Gegner stehen auf deren Außenbalkon dicht
gedrängt Eishockeyanhänger beim Rauchen, der Saisonauftakt der Berliner
Eisbären ist mit 14.000 Zuschauern ausverkauft. Das ändere aber nichts
daran, dass die Arena ein Paradebeispiel für die folgenschwere
Privatisierung des Spreeufers sei, meint der mitdemonstrierende Valentin:
"In der Simon-Dach-Straße wird jetzt auch das letzte Haus, das noch Charme
hatte, saniert." Steigende Mieten seien die Folge. "Im Nordkiez durfte ich
zuletzt über 300 Euro für 20 Quadratmeter zahlen, obwohl die vorherige
Sanierung ein riesiger Reinfall war", erzählt der 23-jährige
Heilerziehungspfleger. So erlebe er den Wandel von Bezirken wie
Friedrichshain unmittelbar mit. "Die Veränderung ist extrem spürbar",
pflichtet ihm Tomas bei. Der 30-Jährige berichtet von Mieterhöhungen um 30
Prozent in seinem Kreuzberger Kiez. "Und meine sozialen Anlaufpunkte sind
entweder schon weg oder akut bedroht."
Es sind eher lokale AnwohnerInnen, die am Freitag demonstrieren, nicht das
internationale Publikum des am selben Tag beginnenden Intersquat-Festivals.
Dessen Auftakt sollte der Demozug markieren, doch die Teilnehmenden sind zu
der Stunde wohl noch mit dem Aufbau ihres Camps beschäftigt: Erst kurz
zuvor war es den Intersquat-AktivistInnen durch eine Besetzung im
Bezirksamt gelungen, doch noch ein Grundstück für das Festival zu sichern -
das der Initiative Möckernkiez am Gleisdreieck.
Bei den Demonstranten sorgt die Verkündung dieser Nachricht für Jubel -
ausgerechnet vor dem Büro des Liegenschaftsfonds (LiFo) in der Warschauer
Straße. LiFo und Senat hatten sich wegen Sicherheitsbedenken des
Landeskriminalamtes (LKA) geweigert, den Intersquat-OrganisatorInnen ein
öffentliches Grundstück zur Verfügung zu stellen. "Die gute Nachricht ist:
Wir werden ernst genommen", meint eine Intersquat-Vertreterin zu den
LKA-Warnungen. Wegen der "Geburtstagsdemo" müssen sich die
Sicherheitsbehörden indessen keine Sorgen machen: Der Zug verläuft ohne
Zwischenfälle mit der Polizei.
Die recht geringe Beteiligung führt Mitorganisator Florian auf eine diesmal
eher dezente Mobilisierung zurück. 2008 hatten immerhin mehr als 1.000
AktvistInnen die Eröffnungsfeier der O2-World empfindlich gestört. "Aber
der Protest gegen derartige Veränderungen entlang der Spree geht weiter,
Ende des Jahres steht ja wieder eine Eröffnungsfeier an", sagt Florian. Und
spielt damit auf das derzeit noch in Bau befindliche Luxushotel an der
Stralauer Alle an.
12 Sep 2010
## AUTOREN
Sebastian Puschner
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