# taz.de -- ZDF-Doku zur Treuhandanstalt: Unter Pleitegeiern | |
> Die ZDF-Doku "Beutezug Ost" (Dienstag, 21 Uhr) bilanziert die Arbeit der | |
> Treuhandanstalt, die das Vermögen der DDR versilbern sollte – aber nur | |
> Schulden hinterließ. | |
Bild: Anstehen für die Insolvenz: Geschäftsleute in der Treuhand-Zentrale in … | |
Die Liquidatoren kamen aus dem Westen - und wussten, was sie taten. Am Ende | |
der Treuhandanstalt 1994 waren vom ganzen volkseigenen Vermögen der DDR 250 | |
Milliarden deutsche Schuldenmark übrig, von denen heute noch zwei Drittel | |
im "Erblastentilgungsfonds" auf ihr Verschwinden warten. | |
Respekt, diese Doku aus der "Frontal 21"-Redaktion lässt an Deutlichkeit | |
nichts zu wünschen übrig, da kann Theo Waigel als damals zuständiger | |
Wirtschaftsminister der Kohl-Regierung noch so oft sagen, die DDR hätte | |
ohnehin "vor der Insolvenz" gestanden. Zumal man Anfang der 90er diesen | |
Zustand noch weniger euphemistisch schlicht als Pleite bezeichnet hätte. | |
Dass Vieles mehr als marode war, daraus machen auch die "Beutezug | |
Ost"-Autoren Herbert Klar und Ulrich Stoll keinen Hehl. Aber sie zeigen | |
daneben schlaglichtartig auf, wer sich bis heute was in die Tasche lügt - | |
und vor allem, wer von der Privatisierung der volkseigenen Betriebe und | |
Kombinate nachhaltig profitierte. | |
"Der ganze Salat ist rund 600 Milliarden Mark wert", hatte der erste | |
Treuhand-Chef Detlef Rohwedder bei Arbeitsbeginn der Treuhand 1990 | |
optimistisch nach vorn geschaut. 1991 wurde er ermordet, wirklich | |
aufgeklärt ist die Tat bis heute nicht. Unter seiner Nachfolgerin Birgit | |
Breuel wurde bei der Treuhand das Tempo nochmal angezogen - nach bis heute | |
höchst umstrittenem Konzept: Denn die Treuhand legte bei der Bewertung des | |
"ganzen Salats" immer den so genannten Ertragswert zu Grunde - letztlich | |
also die voraussichtlichen Überschüsse des Unternehmens. | |
Der Substanzwert, wie zum Beispiel die Immobilien und Maschinen, zählten | |
nicht. Gerade nach der raschen Währungsunion zum Kurs 1:1 war den | |
DDR-Betrieben aber der Umsatz quasi über Nacht flöten gegangen: Selbst der | |
Industrielobbyist Ludolf von Wartenberg vom BDI nennt das im Film beim | |
Namen und spricht von einer "400-prozentigen Aufwertung" der plötzlich mit | |
der DM-West gleichgesetzten DDR-Währung, die "nicht nachvollziehbar" sei. | |
Denn so brachen sogar die wettbewerbsfähigen Branchen ein, Folgen, so die | |
Doku-Autoren, die man hätte absehen können. Doch unter dem Kanzler der | |
Einheit waren zwar blühende Landschaften versprochen worden, aber die DDR | |
galt ihm und seiner Regierung von vornherein als Pleitestaat. "Man war | |
nicht daran interessiert, dass es in der Ex-DDR auch noch einen | |
Autohersteller dient", bilanziert der Grüne Bürgerrechtler Werner Schulz. | |
Und was die Arbeit der Teuhand angeht: Birgit Breuel, die 1994 den Laden | |
wieder zumachte und "Auftrag ausgeführt" nach Bonn und Berlin meldete, | |
zeigte den ZDF-Rechercheuren die kalte Schulter. | |
Die Doku bezieht engagiert Stellung, wobei natürlich auch die zu Wort | |
kommen, die sagen, es sei nicht anders gegangen. Fakten werden grafisch | |
gekonnt in schönster DDR-Optik runtergebrochen. Wie sehr "Beutezug Ost" | |
damit den Nerv trifft, beweist die freundliche Aufnahme der Sendung in der | |
FAZ: "Das ZDF weiß, was in Ostdeutschland schief gegangen ist", greint das | |
wirtschaftfreundliche Blatt unter der Überschrift "Ihr seid alle | |
ausgebeutet!". Das ist natürlich Quatsch - bzw. ein großes Kompliment. | |
"Beutezug Ost", Dienstag, 21.00 Uhr, ZDF | |
14 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
## TAGS | |
Privatisierung | |
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