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# taz.de -- 80 Öko-Promis: Den Kurs der Welt wechseln
> In Bonn trafen sich 80 Trägerinnen und Träger des alternativen
> Nobelpreises. Sie warnen vor gefährliche Entwicklungen – und zeigen, dass
> eine humane Welt möglich ist.
Bild: Die Inderin Vandana Shiva erhielt 1993 den Alternativen Nobelpreis.
BONN taz | Ohne Zweifel: So viele kluge und charismatische Menschen findet
man selten an einem Ort. Etwa 80 alternative Nobelpreisträger trafen sich
diese Woche in Bonn unter dem Motto: Kurs wechseln. Das öffentliche
Interesse an den Einschätzungen und Erfahrungen dieser
zivilgesellschaftlichen Pioniere aus aller Welt war allerdings nicht allzu
hoch - obwohl sie nicht nur schockierende Gefahren aufzeigten, sondern auch
vielfältige Lösungsansätze präsentierten.
Der Kanadier Pat Mooney warnte vor aktuellen naturwissenschaftlichen
Trends, die mit Milliardensummen aus den Staatskassen gefördert werden:
Technische Lösungen sollten mal wieder Menschheitsprobleme lösen,
allerdings ohne mögliche Nebenwirkungen zu beachten.
So kippten deutsche Wissenschaftler kürzlich Eisensulfat in den
Südatlantik, um die Algenblüte anzuregen. Sie hofften, die abgestorbenen
Organismen würden das zuvor gebundene klimaschädliche Kohlendioxid (CO2)
zum Meeresboden mitnehmen. Auch andere Geo-Engineering-Projekte, bei denen
Partikel in die Stratosphäre katapultiert werden sollen, zielen darauf ab,
den Klimawandel aufzuhalten.
Mit großer Geschwindigkeit und völlig ohne gesetzliche Beschränkungen
entwickelt sich die Nanotechnologie. Dabei geht es um nicht weniger als um
die Verschmelzung von Biologie, Chemie und Physik auf molekularer Ebene.
Wie einst bei der Atomkraft ist die neue Technik mit großen Versprechen
auch zur Armutsbekämpfung verbunden. Die winzigen Partikel, die nur ein
Milliardstel eines Meters groß sind, verhalten sich ganz anders als die
gleichen Stoffe in größeren Mengen - was Ressourcenprobleme lösen soll.
Allerdings können ansonsten harmlose Stoffe im Nanobereich giftig oder
explosiv werden. Außerdem können die kleinen Teile ungehindert ins Hirn
oder in die Plazenta wandern. In einem US-Labor wurde bereits mit Hilfe der
Nanotechnologie lebendes Material mit völlig neuartiger DNA erschaffen. Pat
Mooney forderte ein Forschungsmoratorium.
Die als Dialogpartnerin eingeladene Beatrix Tapesser vom Bundesamt für
Naturschutz (BfN) bestätigte, dass viel Geld in Nano- und Genforschung
fließe. Wissenschaftler, die sich kritisch zu diesen Bereichen äußerten,
hätten zudem bei der Publikation entsprechender Texte Schwierigkeiten.
Auch die internationale Übereinkunft, keine genmanipulierten Pflanzen in
den Herkunftsgebieten anzubauen, gelte offenbar seit kurzem nicht mehr.
Dabei sind Freisetzungen nie mehr rückholbar. In Kanada sind Soja und Raps
gentechnisch völlig verseucht, warnte Bauer Percy Schmeiser, der vor
Gericht erfolgreich Schadenersatz von Monsanto eingefordert hatte.
"Gentechnik, Agrarindustrie und ökonomisches Wachstum verringern den Hunger
nicht - Indien beweist das Gegenteil", fasste Vandana Shiva zusammen.
Dagegen könnte eine kleinteilige, auf Vielfalt und regionale Besonderheiten
ausgerichtete Landwirtschaft die Menschheit ernähren und sei außerdem
anpassungsfähiger in Bezug auf den Klimawandel.
"Dem Biolandbau gehört die Zukunft", rief die indische Quantenphysikerin
und Initiatorin einer starken Graswurzelbewegung. Allerdings geht es
vielerorts erst mal weiter in die entgegengesetzte Richtung: In Brasilien
versprühen die Großgrundbesitzer 22,5 Kilo Pestizide pro Hektar und Jahr -
so viel wie nie zuvor, berichtetet Maria Salete von der Landloseninitiative
MST.
Dagegen ist es der Konsumentenkooperative Seikatsu Club in Japan gelungen,
den Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft zurückzudrängen. Etwa
350.000 Haushalte sind inzwischen beteiligt - viele, weil ein
Familienmitglied Allergiker ist. Die Regionalgruppen beziehen die
Lebensmittel von Bauern aus der Umgebung und handeln mit ihnen die
Anbaumethoden aus. Während der Erntezeit helfen Freiwillige.
Professor Anwar Fazal aus Malaysia, Begründer der südostasiatischen
Verbraucherbewegung, will Informationen über erfolgreiche Projekte weltweit
leichter zugänglich machen. "Nichts überzeugt Menschen mehr als ein gutes
Beispiel."
17 Sep 2010
## AUTOREN
Annette Jensen
Annette Jensen
## TAGS
Schwerpunkt Bayer AG
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dem Buch "Next BANG!".
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