# taz.de -- Protest gegen Kürzungen bei Jugendprojekten: Saure Jugend | |
> Berliner Jugendclubs demonstrieren vor dem Roten Rathaus gegen Kürzungen. | |
> Viele arbeiten jetzt schon am Limit. | |
Bild: Fröhliches Schweineleben: Jungtiere auf einem Ökobauernhof | |
"Jugend verschwindet" - unter diesem Motto versteckten sich Kinder und | |
Jugendliche gestern vor dem Roten Rathaus unter Tüchern, Bettlaken und | |
Planen. Dazu aufgerufen hatte ein Bündnis aus JugendarbeiterInnen aller | |
Berliner Bezirke. Mit dem Versteckspiel und einem Demonstrationszug mit | |
geschmückten Wagen protestierten die TeilnehmerInnen gegen die Kürzungen im | |
Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Sie forderten den Erhalt aller | |
bestehenden Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit. | |
Die Angst der Jugendarbeiter vor drastischen Einschnitten in ihrem Bereich | |
ist berechtigt. Um die vom Bund vorgegebene "Schuldenbremse" einzuhalten, | |
muss Berlin bis zum Jahr 2020 2,7 Milliarden Euro einsparen. Der Senat gibt | |
die Kürzungen weiter an die Bezirke, die für Kinder- und | |
Jugendeinrichtungen zuständig sind. Bereits der letzte Doppelhaushalt | |
sparte empfindlich am Nachwuchs: Nach Informationen der Gewerkschaft Verdi | |
gab es 2008 430 öffentliche und öffentlich geförderte Kinder- und | |
Jugendeinrichtungen, darunter Abenteuerspielplätze, Jugendclubs und | |
Kinderbauernhöfe. 2010 wurde die Zahl der Einrichtungen erheblich | |
reduziert, allein im Bezirk Mitte mussten 18 schließen. | |
"Der Senat kommt seinen Verpflichtungen nicht nach", sagt Siegfried | |
Kühbauer, Projektkoordinator der Kinderfarm Wedding. Berlin habe sich 1995 | |
als einziges Bundesland verpflichtet, mindestens zehn Prozent seines | |
Jugendhilfe-Etats für kommunale Jugendarbeit auszugeben. Aber kein einziger | |
Bezirk halte sich daran: "Von 150 Millionen werden aktuell nur 50 für | |
Jugendarbeit ausgegeben - der Rest versickert in anderen Bereichen". Das | |
führe dazu, dass es nur für neun Prozent aller 6-25-Jährigen Platz in einer | |
Freizeiteinrichtung gebe - gesetzlich vorgeben ist ein Angebot für 18 | |
Prozent. | |
Was die Kürzungen konkret bedeuten, verdeutlicht Julia Dietz, Leiterin des | |
Lichtenberger Jugendclubs Linse. "Seit Anfang des Jahres wurden allen | |
Einrichtungen im Bezirk die Mittel gekürzt - um zehn Prozent und mehr", so | |
Dietz. Die Linse, deren Schwerpunkt Musik- und Theaterarbeit ist, musste | |
ihren Breakdance-Lehrer entlassen. Um den Bühnentechniker halten zu können, | |
reduzierten die drei festen MitarbeiterInnen ihre eigenen Arbeitsstunden. | |
Jetzt arbeite der Jugendclub an der Parkaue am Limit, sagt Dietz: "Für | |
Sachmittel haben wir kein Geld mehr. Wenn technisches Equipment kaputt | |
geht, gibt es keinen Ersatz". | |
Vielen Einrichtungen geht es ähnlich. Dem Weddinger Abenteuerspielplatz | |
Telux etwa wurden die Honorarmittel gekürzt. In einem sozialen | |
Brennpunktviertel wie dem Wedding sei das eine Katastrophe, warnt | |
Kinderfarm-Betreiber Kühbauer. "Jugendarbeit ist integrationsfördernd - | |
wann sieht der Senat das endlich ein?" | |
24 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
## TAGS | |
Haustiere | |
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