# taz.de -- Berliner Volksinitiative für ein Rauchverbot: Rauchgegner machen W… | |
> Beflügelt vom Erfolg in Bayern, will ein Bündnis mit einer | |
> Volksinitiative auch hierzulande den Nichtraucherschutz stärken. Politik | |
> übt sich gleichwohl in Zurückhaltung. | |
Bild: Frische Luft, hier leicht nikotingeschwängert | |
Glaubt man Berlins Nichtraucherschutz-Aktivisten, weht bald ein reinigender | |
Wind durch die verqualmten Kneipen der Stadt: Gestern präsentierten | |
Vertreter von drei Organisationen die Volksinitiative [1]["Frische Luft für | |
Berlin"]. Sie soll, so hofft das Bündnis, die Politik dazu bewegen, eine | |
härtere Gangart im Nichtraucherschutz durchzusetzen: bayerische | |
Vehältnisse. | |
Bei der Volksinitiative geht es um die Sammlung von mindestens 20.000 | |
Unterschriften unter einen knappen Forderungskatalog: Alle Ausnahmen in der | |
Gastronomie sollen fallen, zudem soll das Qualmen auf Spielplätzen verboten | |
werden. Kommen genug Unterschriften zusammen, muss sich das Parlament mit | |
dem Thema befassen. | |
"Wenn wir Erfolg haben, erwarte ich, dass eine der Fraktionen die | |
Gesetzesänderung auf den Weg bringt", sagte Johannes Spatz vom Forum | |
Rauchfrei bei der Vorstellung der Initiative. Vorstellbar sei, dass dies | |
die Grünen im Falle einer Regierungsbeteiligung täten. Auf jeden Fall | |
versprechen sich die Aktivisten, dass die Initiative den Nichtraucherschutz | |
zum "Top-Thema" im Wahlkampf erhebt. | |
Einen Motivationsschub erhielten die Tabakgegner durch den Erfolg des | |
bayerischen Volksentscheids am 4. Juli: "Wir haben gefeiert", sagte Laura | |
Hoffmann vom Verein Pro Rauchfrei, die betonte, es gehe dennoch nicht | |
darum, Raucher zu quälen. Die könnten in ihren vier Wänden "machen, was sie | |
wollen". Entscheidend sei der Schutz der Nichtraucher, insbesondere unter | |
den Angestellten gastronomischer Betriebe: "Der Arbeitsmarkt gibt nicht | |
her, dass jemand einfach anderswo arbeiten geht, wenn ihn der Rauch stört." | |
Wolfgang Behrens vom Nichtraucherbund bemängelte, die aktuelle Liste der | |
Ausnahmen sei länger als der Gesetzestext. | |
Die Situation in Berlin ist ein Kompromiss: Das 2007 verabschiedete | |
Nichtraucherschutzgesetz wurde nach einem Urteil des | |
Bundesverfassunggerichts vom Juli 2008 aufgeweicht. Seitdem darf auch in | |
Einraum-Kneipen wieder gequarzt werden. | |
Die Initiatoren sind optimistisch, deutlich mehr als 20.000 Unterzeichner | |
gewinnen zu können. Von den Fraktionen im Abgeordnetenhaus schlagen sich | |
hingegen nur die Grünen klar auf die Seite der Initiative. Die | |
gesundheitspolitische Sprecherin Heidi Kosche sagte der taz, sie halte eine | |
Verschärfung der bestehenden Gesetze für sinnvoll und in ihrer Partei für | |
mehrheitsfähig. Skeptischer klang ihr SPD-Kollege. Thomas Isenberg hält den | |
Ist-Zustand bereits für einen "Meilenstein", will aber die Vertreter der | |
Volksinitiative zu einem Gespräch in die Fraktion einladen. | |
Wolfgang Albers von der Linken schließlich erwartet sich weitere | |
Verbesserungen nicht von schärferen Gesetzen, sondern nur von Aufklärung. | |
Im unwahrscheinlichen Fall einer schwarz dominierten Parlamentsmehrheit ab | |
2011 sähe es für die Initiative ganz trübe aus: Der gesundheitspolitische | |
Sprecher der CDU-Fraktion Mario Czaja sieht schlicht und einfach "keine | |
Notwendigkeit, die Gesetzeslage zu verändern": "Wir unterstützen diese | |
Initiative nicht." | |
25 Sep 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.frische-luft-fuer-berlin.de | |
## AUTOREN | |
Claudius Prösser | |
## TAGS | |
Tabakindustrie | |
Nichtraucherschutz | |
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