# taz.de -- Schwarz-Gelbes Energiekonzept: Lobby bremst Regierung aus | |
> Das Kabinett will am Dienstag sein Energiekonzept durchwinken, das es vor | |
> zwei Wochen vorgestellt hat. Doch das Papier wurde in inzwischen in | |
> wesentlichen Punkten verändert. | |
Bild: Abgeschwächte Vorgaben: Dämmung eines Hauses in Köln. | |
BERLIN taz | Vor gut zwei Wochen hatte die Bundesregierung ihr | |
Energiekonzept für die kommenden Jahrzehnte vorgestellt. Am Dienstag will | |
das Bundeskabinett den 53-seitigen Plan beschließen, mit dem Deutschland | |
seine Klimaschutzziele erreichen und die Energieerzeugung überwiegend auf | |
erneuerbare Quellen umstellen will. Doch das Konzept, das auf dem Tisch im | |
Kanzleramt liegt, ist in entscheidenden Punkten abgeschwächt und verwässert | |
worden. | |
Wie aus dem der taz vorliegenden Entwurf hervorgeht, hat das | |
Finanzministerium konkrete Finanzierungszusagen streichen lassen. Und nicht | |
nur [1][die Hausbesitzer waren in ihrer Lobbyarbeit erfolgreich und konnten | |
die Vorgaben abschwächen], auch die Energiekonzerne und die | |
Automobilindustrie setzten noch Änderungen durch. | |
So wurden in den vergangenen Wochen im Kapitel Mobilität ein konkreter | |
Grenzwert für den Kohlendioxidausstoß gestrichen, den die | |
Automobilindustrie eigentlich bis 2040 erreichen sollte. Von heute 160 | |
Gramm pro Kilometer auf 35 Gramm pro Kilometer sollten die CO2-Emissionen | |
bei Neuwagen sinken. Jetzt ist nur noch davon die Rede, dass sich die | |
Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine "ambitionierte | |
Ausgestaltung der CO2-Grenzwerte" einsetzen soll. | |
Ins Konzept neu aufgenommen wurde hingegen die Förderung von | |
Wasserstoffantrieben und Brennstoffzellen. Die Industrie arbeitet seit | |
Jahren an ihnen, ohne sie zur Serienreife gebracht zu haben. Ebenfalls | |
gestrichen wurde das Ziel der Bundesregierung, die Kfz-Steuer stärker als | |
bisher an den Emissionen der Fahrzeuge auszurichten. Auch der Passus, der | |
eine Ausweitung der Lkw-Maut vorsieht, wurde abgeschwächt. | |
Ähnlich erfolgreich waren die Energiekonzerne, die sich ja schon über die | |
verlängerten Laufzeiten ihrer Atomkraftwerke freuen konnten. Sie bekommen | |
Geld vom Staat, wenn sie neue Kohlekraftwerke mit der noch zu entwickelnden | |
CCS-Technologie bauen. CCS bedeutet, Kohlendioxid aus den Abgasen zu | |
trennen und es unter der Erde zu speichern. Gestrichen wurde aber die | |
Vorgabe, wonach die Förderung nur gewährt wird, wenn gleichgroße alte | |
Kraftwerke stillgelegt werden. | |
Nahezu komplett fielen alle Finanzierungszusagen weg, die noch im ersten | |
Entwurf genannt wurden. Denn ein neuer langer Absatz verbindet nun das | |
Energiekonzept mit der Leitlinie "generationengerechte Finanzen", mit der | |
sich die Bundesregierung zum Abbau der Neuverschuldung verpflichtet hat. | |
Entsprechend stehen nun viele steuerpolitische Vorhaben unter dem | |
Finanzierungsvorbehalt des Finanzministeriums. Zum Beispiel ein | |
Kreditprogramm für die "Offshore Windenergie". Auch konkrete Summen wurden | |
gestrichen: 500 Millionen Euro pro Jahr für einen Energieeffizienzfonds, | |
200 Millionen Euro für eine nationale Klimaschutzinitiative, 300 Millionen | |
Euro für die Erneuerbare-Energien-Forschung. | |
All das soll finanziert werden aus einem Fonds, in den die Abgaben der | |
Atomkonzerne und die Einahmen aus dem Emissionshandel einfließen. Auch die | |
Einrichtung dieses Fonds will das Kabinett heute beschließen. | |
Doch es gibt auch positive Änderungen. So soll eine neue | |
"Markttransparenzstelle" beim Bundeskartellamt den Großhandel mit Strom und | |
Gas überwachen. Das Klimaschutzziel wurde zumindest sprachlich von 80 | |
Prozent CO2-Einsparung im Jahr 2050 auf "80 bis 95 Prozent" erweitert. Und | |
die Erkundung des geplanten Atommülllagers in Gorleben soll nun, anders als | |
im ersten Entwurf, wieder "ergebnisoffen" vonstatten gehen. | |
28 Sep 2010 | |
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## AUTOREN | |
Stephan Kosch | |
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