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# taz.de -- Portrait Alternativ-Nobelpreisträger Bassey: Unterschätzter Kämp…
> Er zitierte Shell vor Gericht, gründete "Friends of the Earth" Nigeria
> und wurde ins Gefängnis geworfen. Jetzt wird Nnimmo Bassey mit dem
> Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Bild: Nnimmo Bassey
Es ist leicht, Nnimmo Bassey zu unterschätzen. Der dürre, hochgewachsene
Brillenträger, der am liebsten die weiten, traditionellen Gewänder Nigerias
trägt, spricht mit leiser Stimme. Der gelernte Architekt verbringt viel
Zeit in einer evangelikalen Kirche, die in Afrika so oft das untätige
Warten auf das Himmelreich predigen. Und er schreibt Gedichte, die er im
Kreis von Freunden gerne vorträgt.
Kein Mann also, mag man denken, den ein autoritärer Staat oder ein globaler
Konzern zu fürchten hat. Dass der Schein trügt, beweist nicht zuletzt die
Tatsache, dass der 52-jährige in diesem Jahr mit dem alternativen
Nobelpreis geehrt wird. Tatsächlich ist Bassey ein Kämpfer, der seinem
einstigen Mitstreiter Ken Saro-Wiwa in punkto Entschlossenheit nicht nach
steht. Wie Saro-Wiwa, so kämpft auch Bassey seit Jahrzehnten gegen die
Ölförderung im Niger-Delta, die die Lebensgrundlage der dortigen
Bevölkerung nahezu vollends zerstört hat.
Als das brutale Regime von Präsident Sani Abacha Ken Saro-Wiwa und acht
seiner Mitstreiter hinrichten ließ, ging Bassey in den Untergrund.
Geheimdienstler nahmen ihn fest, verhörten ihn, steckten ihn für fast sechs
Wochen ins Gefängnis. "Im Gefängnis habe ich gelernt, dass Menschen
zusammen halten, wenn man sie ihrer Grundrechte beraubt", sagt Bassey
heute.
Vielleicht auch deshalb streitet die von ihm 1993 mit gegründete
Umweltschutzorganisation 'Friends of the Earth Nigeria' stets an der Seite
von Betroffenen, von Müttern, Bauern und Fischern, die unter verseuchten
Böden und dem Gestank abgefackelten Gases leiden. Bassey hilft ihnen zu
klagen, und das mit Erfolg. Im vergangenen Juli etwa wurde Shell
verurteilt, den Bewohnern eines Dorfes im Rivers State mehr als 72
Millionen Euro Schadenersatz zu zahlen.
Inzwischen hat Bassey Shell vor ein niederländisches Gericht zitiert. Bis
Ende des Jahres sollen dort die Fälle anderer Ölopfer gehört werden. Bassey
nimmt kein Blatt vor den Mund - sein Markenzeichen. Der neuen Ölministerin
warf er gleich nach der Ernennung vor, eine Marionette von Shells Gnaden zu
sein - sie war im Wahlkampf im Blaumann der Kompanie gereist. Das
UN-Umweltprogramm kritisiert er dafür, dass es sich eine Studie zum Zustand
des Niger-Deltas ausgerechnet von Shell finanzieren ließ.
Und als im Golf von Mexiko fieberhaft an der Eindämmung der Ölpest
gearbeitet wurde, erklärte Bassey, die Ereignisse vor Louisianas Küste
spiegelten das tägliche Leben im Niger-Delta wieder - nur dass dort niemand
helfe. Auch seine Auszeichnung kommentierte Bassey gestern gewohnt
kämpferisch: "Wir wollen, dass Verbrechen von Konzernen wie Shell weltweit
ein Ende haben."
30 Sep 2010
## AUTOREN
Marc Engelhardt
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