# taz.de -- Neuer Vorstoß für Vorratsdatenspeicherung: Terrorfahnder fühlen … | |
> Seit Karlsruhe die Vorratsdatenspeicherung gekippt hat, bekommen | |
> Ermittler kaum noch Auskünfte über Telefon- und Internetdaten, beklagt | |
> das Bundeskriminalamt. | |
Bild: Beliebt bei Straftätern: ein Internetcafé. | |
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und der Präsident des | |
Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, wollen nun doch keine neue | |
"Vorratsdatenspeicherung" einführen. Allerdings verfolgen sie immer noch | |
das selbe Anliegen, schlagen aber einen anderen Begriff vor. Sie sprechen | |
lieber von "Mindestspeicherfristen". So werde deutlicher, dass nicht der | |
Staat die Daten speichere, sondern die Telefon- und Internetprovider. | |
Die Vorratsspeicherung gab es bereits ab 2009. Damals musste sechs Monate | |
lang gespeichert werden, wer mit wem wie lange telefonierte und wer sich | |
wann mit welcher IP-Adresse im Internet aufhielt. Das | |
Bundesverfassungsgericht kippte das Gesetz jedoch im März 2010 und | |
verlangte einen besseren Schutz der zwangsgespeicherten Daten. Außerdem | |
solle die Polizei nur zum Schutz überragender Rechtsgüter auf diese Daten | |
zugreifen dürfen. Für eine Neuregelung ist Justizministerin Sabine | |
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zuständig, die einst selbst gegen das | |
Gesetz geklagt hatte. Bisher hat sie keinen Gesetzentwurf vorgelegt - zum | |
Unmut ihres Kabinettskollegen de Maizière. | |
Jetzt versuchte BKA-Chef Ziercke anhand einer Statistik die entstandene | |
"Schutzlücke" zu belegen. Von März bis September habe das BKA in 1.157 | |
Fällen bei den Providern um Auskunft über Telefon- und Internetdaten | |
gebeten. Es ging um Terrorismus, Mord und Kinderpornografie. Nur in einem | |
Viertel der Fälle waren die Verkehrsdaten noch vorhanden. Anders als früher | |
werden die Daten heute kaum noch zu Abrechnungszwecken benötigt, da heute | |
87 Prozent der Internetkunden einen Flatrate-Tarif nutzen (2005 waren es | |
erst 18 Prozent). Manche Provider wie zum Beispiel die Telekom speichern | |
die Daten zwar auch bei Flatrate-Verträgen, allerdings nur sieben Tage | |
lang. Oft kommen die Ermittler deshalb zu spät, bedauerte Ziercke. Hier | |
helfe auch der von Datenschützern vorgeschlagene "Quick Freeze" nicht | |
weiter. | |
"Wo nichts mehr gespeichert ist, kann auch nichts eingefroren werden", | |
sagte der BKA-Präsident. Auch den Verweis auf die USA, wo es keine | |
Vorratsspeicherung gibt, sondern nur den Quick Freeze, ließ Ziercke nicht | |
gelten. "In den USA gibt es viel größere Datenmengen, die man im | |
Verdachtsfall schnell einfrieren kann. Denn dort speichern Provider die | |
Daten nach eigenem Ermessen ziemlich lange, auch um sie kommerziell | |
auszuwerten." | |
Die Bürgerrechtler vom "AK Vorrat" halten die Vorratsspeicherung aller | |
Telefon- und Internetdaten aber weiterhin für "völlig unverhältnismäßig". | |
Oft helfe es der Polizei gar nicht weiter, wenn eine IP-Adresse einem | |
bestimmten Computer zugeordnet werden kann, so AK-Experte Patrick Breyer: | |
"Viele Straftäter nutzen Internetcafés und offene WLAN-Zugänge." | |
8 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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