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# taz.de -- Deutscher Fernsehpreis 2010: Erster Platz für die absurdeste Show
> Beim Deutschen Fernsehpreis werden Regisseure nicht mehr geehrt und
> Journalisten dürfen nicht ordentlich arbeiten.
Bild: Fand als einzige deutliche Worte: Annette Frier, Preisträgerin "Beste Se…
KÖLN taz | Offenbar hatten die Veranstalter mit Ausschreitungen gerechnet.
"Das BESCHRIFTEN und BESCHÄDIGEN der WC-Anlage wird strafrechtlich
verfolgt", warnte ein Aushang an der Toilettentür im Kölner Coloneum, wo am
Samstagabend der Deutsche Fernsehpreis 2010 verliehen wurde. "Ein
Fernsehjahr mit unumstrittenen Spitzenleistungen", frohlockte die
Juryvorsitzende Bettina Böttinger demonstrativ nach der Veranstaltung. Den
Unmut der Kreativen konnte sie damit nicht vergessen machen.
Drehbuchautoren, Regisseure, Kameraleute, Cutter und Ausstatter wurden beim
12. Deutschen Fernsehpreis zum ersten Mal nicht mehr gesondert
ausgezeichnet. Sondern nur noch als Teil der von der neunköpfigen Jury für
preiswürdig erachteten Produktionen. Ihre Preiskategorien waren einer
"Reform" des von ARD, ZDF, RTL und ProSiebenSat.1 gestifteten Preises zum
Opfer gefallen. Das beschleunigte die von Sandra Maischberger und Kurt
Krömer rückstandslos wegmoderierte Preisverleihung, aber eben auch die
Herzfrequenz der Betroffenen. Viele erregten sich im Gespräch mit Kollegen
oder Journalisten über die Abwertung. Öffentlich machten sie ihren Ärger
meist nicht.
Die Toiletten blieben also ganz. Einen Hauch von Revolte brachten nur die
Auszeichnung von Christoph Bach als bester Schauspieler für das
ZDF/Teamworx-Dokudrama "Dutschke" (Regie: Stefan Krohmer, Buch: Daniel
Nocke) und ein von Annette Frier, Preisträgerin "Beste Serie", im Namen
ihrer Figur "Danni Lowinski" verlesener Zettel: "In der Angelegenheit
Stifter des Deutschen Fernsehpreises versus Berufsverband der Film- und
Fernsehschauspieler (BFFS) und weiterer Kreativ-Verbände fordere ich die
Parteien auf, ihren beleidigten Arsch an einen Tisch zu setzen, um für die
Preisverleihung 2011 eine konstruktive Lösung zu finden, so dass wir uns
nächstes Jahr wieder alle gemeinsam besaufen können." Das waren auch schon
die deutlichsten laut geäußerten Worte zum Thema.
Das kann man feige finden oder auch nur geschäftstüchtig: Mit ihren
Auftraggebern aus den Sendern wollen es sich die Freiberufler nicht
verscherzen. Warum ausgerechnet die Schauspieler, deren Berufsverband BFFS
silberne Buttons mit der Aufschrift "Wir sind preiswert" verteilte, am
lautesten meckern, muss man nicht verstehen.
Zwar wurden die Preise für die beste Haupt- und die für die beste
Nebenrolle in den Kategorien "Bester Schauspieler"/"Beste Schauspielerin"
verschmolzen, an der Aufmerksamkeit für ihren Berufsstand ändert das aber
gar nichts. Sie sind die Stars und bleiben das auch - allen Veränderungen
zum Trotz. BFFS-Schatzmeister Heinrich Schafmeister rechnet damit, dass ein
Gespräch mit den Stiftern bis Ende November zustande kommt. "Und wenn man
drüber redet, wird schon was Vernünftiges dabei rauskommen", glaubt
Schafmeister. "Ich wünsche mir, dass der Deutsche Fernsehpreis ab 2011
wieder von mehr Respekt getragen ist für die, die das alles herstellen."
Eine weitere ärgerliche Änderung bei der diesjährigen Preisverleihung
betraf vor allem die Journalisten - die Menschen also, die mit ihrer Arbeit
dafür sorgen, dass sich jemand für - sagen wir - Nazan Eckes oder Gedeon
Burkhard interessiert. Deshalb ist es absurd, den Kontakt zwischen
Journalisten und geladenen Gästen auf ein Minimum zu beschränken.
Dass die Berichterstatter die Gala von der Presselounge im Foyer aus
verfolgen müssen, regt längst niemanden mehr auf. Doch die Entscheidung der
Stifter, die After-Show-Party für alle abzuschaffen und lediglich
"ausgewählten Pressevertretern" zu gestatten, im Anschluss an ein
Galadinner mit den geladenen Gästen zu feiern, ist so befremdlich wie die
gesamte "Reform". Den Veränderungen fehlte vor allem eines - eine
nachvollziehbare Begründung.
Für Gespräche mit Journalisten wurde eigens ein "Kommunikationsbereich"
eingerichtet, eine Art Kontakthof zwischen Presselounge und Bankettsaal, in
den nur den Stiftern genehme Medienvertreter eingelassen wurden. Die taz
und die Süddeutsche Zeitung durften beispielsweise dabei sein, die Kollegen
einiger Bunte-Bilder-Blätter nicht.
Nach dem Essen wagten sich ohnehin nur die Mutigsten unter den deutschen
Fernsehschaffen zum Gespräch mit den Journalisten. Wer unter seinesgleichen
feiern wollte, blieb einfach am Tisch sitzen.
Man darf gespannt sein, was die Stifter für den Deutschen Fernsehpreis 2011
aushecken. Der diesjährige, inklusive Ehrenpreis für die deutsche
Fußballnationelf, hat gezeigt, dass es immer noch absurder geht, wenn man
sich nur ein bisschen anstrengt.
10 Oct 2010
## AUTOREN
David Denk
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