# taz.de -- Deutscher Fernsehpreis 2010: Ein letztes Zucken | |
> Das deutsche Fernsehen schafft es nicht mal mehr, sich bei einer Gala | |
> selbst zu feiern. Konsequenterweise schalteten die ZuschauerInnen ab. | |
Bild: Protestieren gegen die neuen Spielregeln beim Fernsehpreis: Schauspieleri… | |
BERLIN taz | Hannes Jaenicke ist der Mr. Agitprop des deutschen Fernsehens: | |
Er rettet mal eben Wale oder Gorillas und hatte als einziger beim Deutschen | |
Fernsehpreis neben dem kleinen „Ich bin preiswert“-Protest-Anstecker auch | |
noch einen Anti-Stuttgart 21-Button an. Das haben aber nur die lieben | |
Kollegen mitbekommen, die in Köln mit dabei sein durften. Wir anderen | |
bekamen – eine Gala zum Abschalten. Das taten dann auch zwei Drittel der | |
ZuschauerInnen, die vorher noch dem ARD-„Tatort“ aus Münster gefrönt | |
hatten. | |
Das deutsche Fernsehen, das sagen Senderchefs wie SchauspielerInnen, aber | |
auch die beim Deutschen Fernsehpreis nunmehr ausgesperrten Regisseure, | |
Drehbuchautoren und sonstigen Gewerke, sei eines der besten der Welt. | |
Feiern kann es sich nicht. Kein Pomp und Circumstance, dafür ängstliche | |
Mienen, ob denn wohl vom Protest der Kreativen etwas aufscheinen würde. | |
Allen voran bei der ARD, die dieses Jahr mit der Ausrichtung des müden | |
Spektakels dran war und aus Angst vor kreativer Störung vorsorglich | |
zwischen Event (Beginn: Samstag, 19.00 Uhr) und Ausstrahlung (Sonntag, | |
21.45 Uhr), noch einen nordkoreanischen Sicherheitsabstand eingebaut hatte. | |
Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist das nur noch eins – peinlich. | |
Denn neben ein paar netten Andeutungen auf der Bühne blitzte ohnehin nur | |
eins auf: Die kleinen „Ich bin Preiswert“-Badges reflektierten das | |
Scheinwerferlicht. Was draufstand, konnte man als gemeine Sofakartoffel | |
zwar sowieso nicht lesen. | |
Dafür sprach Bände, wer alles nicht da war: Der gleich zweimal | |
ausgezeichnete Dominik Graf lies schön Grüßen, Günther Jauch war auf seinem | |
Weinberg unabkömmlich, Götz George kam nur per Video. | |
Der deutsche Fernsehpreis ist in seinem zwölften Jahr am Ende, er zuckt | |
nicht mal mehr richtig. Dabei gehört der TV-Jahrgang 2009/2010 bei beiden | |
Sendertypen gewiss nicht zu den Schlechtesten. | |
Aber was ist auch von einem Preis zu erwarten, dem die Webfehler schon mit | |
der Geburt eingehaucht wurden: Denn wer stiftet den Preis? Die vier großen | |
Sendergruppen (ARD, ZDF, ProSiebensat.1, RTL). Und wer wird ausgezeichnet? | |
Letztlich die vier großen Sendergruppen (ARD, ZDF, ProSiebenSat.1, RTL). Da | |
geht es um Proporz und das „auch mal dran sein“, um gespielte | |
Chancengleichheit und Gleichwertigkeit im dualen System von Privaten und | |
Öffentlich-Rechtlichen. | |
Sinn macht das wenig, und mittlerweile haben die Sender alles dazu getan, | |
dass sich diese Erkenntnis überall Bahn bricht. Dafür kann man dann | |
allerdings schon wieder ein bisschen dankbar sein. | |
11 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimmberg | |
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