# taz.de -- Im Iran verhaftete deutsche Journalisten: Bei Recherche Knast | |
> Wegen eines Interviews mit dem Sohn der zum Tod verurteilten Iranerin | |
> Sakineh Mohammadi Aschtiani sitzen zwei deutsche Journalisten in Haft. | |
> Ihnen droht ein Prozess. | |
Bild: Der Sprecher des iranischen Auswärtigem Amt Ramin Mehmanparast hat best�… | |
Seit Sonntag sitzen zwei deutsche Journalisten im Iran in Haft. Sie wurden | |
in der nordwestiranischen Stadt Tabris bei einem Interview mit dem Sohn der | |
zum Tod durch Steinigung verurteilten Iranerin Sakineh Mohammadi Aschtiani | |
festgenommen. | |
Ob und wann die beiden freikommen werden, ist vollkommen ungewiss. Sollte | |
sich herausstellen, dass sie Kontakte zur Exilopposition unterhalten oder | |
gar in deren Auftrag das Interview führen wollten, wird man sie vermutlich | |
wegen Verletzung der nationalen Sicherheit und Spionage vor Gericht | |
stellen. | |
"Die beiden Ausländer befinden sich derzeit in Haft", sagte der Sprecher | |
der Justiz, Gholam Hossein Mohseni Ejehi, am Montag. Sie seien als | |
Touristen in den Iran gereist und hätten über einen "flüchtigen" Iraner | |
Kontakt mit Aschtianis Familie aufgenommen. Iranischen Medien zufolge soll | |
ein im Ausland lebender Anwalt Aschtianis den Kontakt arrangiert haben. | |
Noch deutlicher als Ejehi äußerte sich der Sprecher des Außenministeriums, | |
Ramin Mehmanparast. Die festgenommenen ausländischen Journalisten hätten | |
Kontakt zu oppositionellen Gruppen, sagte er am Dienstag. Die beiden Männer | |
hätten "Touristenvisa und Verbindungen zu antirevolutionären Gruppen". | |
Sie hätten sich als Journalisten ausgegeben und einen "Bericht" über ihr | |
Treffen mit dem Sohn Aschtianis vorbereitet. Dies sei der Grund für ihre | |
Festnahme, fügte der Sprecher hinzu. Die Reporter müssten bis zur Klärung | |
der Angelegenheit in Haft bleiben. | |
Unbestätigten Angaben zufolge handelt es sich bei den Inhaftierten um einen | |
Journalisten und einen Fotografen. Demnach sollen auch Aschtianis Sohn, | |
Sadjad Ghanbarzadeh, und ihr Anwalt, Djawid Hutan Kian, in dessen Kanzlei | |
das Interview erfolgte, festgenommen worden sein. | |
Wie die in Deutschland lebende Sprecherin des Komitees gegen die | |
Steinigung, Mina Ahadi, der Presse sagte, hatte sie als Übersetzerin per | |
Telefonkonferenz an dem Interview teilgenommen. Mitten im Gespräch habe | |
einer der Journalisten plötzlich gerufen: "Was ist hier los?" und ihr dann | |
gesagt, er könne das Interview unter den gegebenen Umständen nicht mehr | |
fortsetzen, und den Hörer aufgelegt. | |
Alle Versuche, danach mit dem Sohn oder Anwalt Kontakt aufzunehmen, seien | |
vergeblich gewesen. Sie habe die starke Vermutung, dass auch sie | |
festgenommen worden seien. | |
Ghanbarzadeh hatte sich, wie die oppositionelle Internetseite roozonline | |
berichtet, Tage zuvor die italienische Regierung um politisches Asyl | |
gebeten und sie aufgefordert, sich für die Rettung seiner Mutter | |
einzusetzen. "Sicherheitsbeamte haben die Wohnung unseres Anwalts Kian | |
durchsucht und sämtliche Unterlagen und Akten beschlagnahmt. Wir alle sind | |
harten Repressionen und Kontrollen ausgesetzt", zitierte ihn roozonline. | |
Die heute 43-jährige Aschtiani wurde im Mai 2006 wegen "unerlaubter | |
Beziehungen" zu zwei Männern mit 99 Peitschenhieben verurteilt. Die Strafe | |
wurde auch vollzogen. Im September desselben Jahres verurteilte ein anderes | |
Gericht sie wegen Ehebruchs und Mordes an ihrem Mann zum Tod durch | |
Steinigung. | |
Dieses Urteil wurde im Mai 2007 vom obersten iranischen Gericht bestätigt. | |
Aschtiani hatte in diesem zweiten Verfahren ihr anfängliches Geständnis | |
widerrufen und behauptet, dieses sei unter Zwang zustande gekommen. | |
Die Mutter von zwei Kindern sitzt in einem Gefängnis. Im Sommer dieses | |
Jahres folgte ein weiteres Geständnis: Im Fernsehen räumte sie eine | |
außereheliche Beziehung zum Cousin ihres Mannes ein, dem sie auch geholfen | |
habe, ihren Ehemann zu töten. Sie habe das Opfer bewusstlos gemacht, der | |
Cousin habe den Mord dann mit ihrer Billigung begangen. Inwieweit das | |
Geständnis erzwungen wurde, ist unklar. | |
Ihr Fall hatte weltweit für Empörung und Proteste gesorgt. Offenbar war es | |
dieser Druck von außen, der im Juli 2010 die iranische Justiz dazu | |
veranlasste, die Steinigung vorläufig auszusetzen. | |
12 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
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