Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Ungarns Umweltkatastrophe: Giftschlamm nützt den Nationa…
> Orbán und seine Leute nutzen die Katastrophe als ihre große Chance. Sie
> erlaubt ihnen, den starken Mann zu spielen, der sich um die Betroffenen
> kümmert.
Bild: Kann in Stade nicht passieren, glaubt die Bevölkerung: Aluschlammkrusten…
Es dauerte eine Weile, bis die ungarische Regierung nach der
Giftschlammkatastrophe ihre Kommunikationsstrategie beisammen hatte. Nun
übermittelt sie ihre Sicht der Dinge umso lauter: Ordnung muss her nach
Jahrzehnten der Misswirtschaft, der Korruption und der menschenverachtenden
Geschäfte! Nicht die Polizei, sondern der Regierungschef verkündete denn
auch die Festnahme der Geschäftsführer der Aluminiumfabrik.
Gleichzeitig nutzte Viktor Orbán die Gelegenheit, um wieder mal die
"nationale Zusammenarbeit" anzumahnen. Nur zwei Stunden später entsendete
er mit Unterstützung einer Zweidrittelmehrheit ausschließlich von der
Regierungspartei vorgeschlagene Personen in den neuen Medienrat. Dieser
soll die Öffentlich-Rechtlichen zukünftig härter kontrollieren.
Orbán und seine Leute nutzen die Katastrophe als ihre große Chance. Sie
erlaubt ihnen, den starken Mann zu spielen, der sich um die Betroffenen
kümmert, der die Schuldigen zu Rechenschaft zieht, der die Nation hinter
sich versammelt. Wer erinnert sich jetzt noch daran, dass Orbán vor den
Wahlen massive Steuersenkungen und ein eruptives Wirtschaftswachstum
versprochen hatte?
Ausländische Investoren dürften sich übrigens für das neue Gesetz
interessieren, das erlaubt, private Unternehmen im Katastrophenfall unter
staatliche Aufsicht zu stellen. Was kurzfristig Wähler erfreuen mag, ist
ein gefährliches Signal an die internationalen Partner dieses tief
verschuldeten Landes. Ungarn wendet sich nach innen, und die Regierung
ignoriert die Folgen dieser Nabelschau.
Bei so viel Härte und Vaterlandsliebe ist die Opposition verstummt. Einzig
die abgewählten Sozialisten melden ihre Bedenken an, aber nur ganz leise.
Ihr früherer Regierungschef Ferenc Gyurcsány steht in Verdacht, bei der
Privatisierung der Aluminiumfabrik eine Rolle gespielt zu haben. Wer weiß,
vielleicht kommt der rote Schlamm auch noch über sie?
Eine Partei aber könnte zu Recht von der Katastrophe profitieren: die grün
gesinnte LMP. Die Partei mit dem bizarren Namen "Politik Kann Anders Sein"
sitzt erstmals im Parlament. Doch in ihrer großen Stunde drückt die
Regierung sie an die Wand. Daher blieb der LMP nur ein Boykott der Wahl des
Medienrates. Den ungarischen Medien war dies nur eine Randnotiz wert.
12 Oct 2010
## AUTOREN
Márton Gergely
## ARTIKEL ZUM THEMA
Alu-Produktion in Deutschland: Still ruht der Rotschlamm-See
Hinter einem 16 Meter hohen Deich liegt bei Stade Deutschlands einzige
aktive Deponie für Rotschlamm. Eine Katastrophe wie in Ungarn fürchtet hier
niemand.
Giftschlamm in Ungarn: Warten auf das Leben
Häuser und Gärten sind mit giftigem Schlamm überzogen - doch die Bewohner
wollen das ungarische Dorf Devescer nicht aufgeben. Und auch die
Aluminiumfabrik soll bleiben.
Giftschlammkatastrophe in Ungarn: Parlament verstaatlicht Betreiberfirma
Jetzt muss es der Staat richten: Die Firma MAL, der die Aluminiumhütte mit
dem geborstenen Auffangbecken gehört, soll vom Katastrophenschutz wieder
auf Vordermann gebracht werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.