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# taz.de -- Hitler-Ausstellung: Anstehen für den Führer
> Leise und diszipliniert schieben sich die Besucher durch die Schau
> "Hitler und die Deutschen" im DHM. Einige hätten gern mehr gesehen.
Bild: Im Angesicht des Diktators: Besucherin im Historischen Museum
Der Pei-Bau des Deutschen Historischen Museums ist selten so gut gefüllt
wie an diesem Samstag Mittag. Einige, die sich in die Schlange für die
Ausstellung "Hitler und die Deutschen" einreihen, waren am Morgen schon
einmal da und sind wieder gegangen, weil der ihnen der Andrang zu groß war.
"Der Führer hat seine Faszination nicht verloren", sagt einer der
Wachmänner laut. In der Schlange zucken ein paar Wartende zusammen. Darf
man so etwas sagen? Darf man hier sein, weil man von Hitler fasziniert ist?
Das haben die Kuratoren Hans-Ulrich Thamer, Simone Erpel und Klaus-Jürgen
Sembach sich auch gefragt. Sie sind überzeugt, dass man die Person Hitler
nicht trennen kann von der Volksgemeinschaft und den Verbrechen, die sie
begangen hat. Darum auch der Untertitel: "Volksgemeinschaft und
Verbrechen".
So finden sich im Pei-Bau auch Exponate einer früheren Ausstellung über den
Holocaust. "Hitler an sich ist nicht faszinierend", sagt Museumspädagogin
Anyangbe-Portele, die an diesem Tag ihre erste Führung geben wird. "Die
Faszination für ihn kann man nur verstehen, wenn man auch die
Volksgemeinschaft betrachtet."
Die Kuratoren wollten den Eindruck vermeiden, Hitler werde verherrlicht.
Hitlerbüsten und Hakenkreuz-Lampignons aufzustellen, ohne Ausgrenzung und
Massenmord darzustellen - das hätte für einen handfesten Skandal gesorgt.
So steckt im Pei-Bau weniger Hitler drin, als draufsteht. Das gefällt nicht
allen Besuchern. "Ich hätte mir mehr zur Person Hitler gewünscht", sagt
Maria Hartkopf aus Potsdam. "Es wurden zu viele Themen angeschnitten.
Unklar bleibt, warum die Deutschen Hitler so begeistert gewählt haben."
Trotzdem gibt es in der Ausstellung vieles zu entdecken. Etwa das
Spielzeug, mit dem die Kinder im Land von "Onkel Hitler" ihre Zeit
verbrachten. Hitler selbst gab es auch als kleine Spielfigur einer kleinen
Limousine. Alles Dinge, die man heute unter der Hand auf fast jedem großen
Flohmarkt bekommen kann. Hier sind sie in einer Glasvitrine gesichert.
Ein Vater erklärt seinen Sohn: "In der DDR hat man das Spielzeug einfach
übernommen. Der Soldat mit der Steilhandgranate war im DDR-Kindergarten
dann einfach der NVA-Soldat. Die haben vieles übernommen, auch bei der
echten Armee. Wir mussten noch die Nazi-Uniformen anziehen. Das Zeug hat
vielleicht gekratzt."
Ein Propaganda-Plakat zeigt, wie sich die "Minderwertigen" vermehren, wenn
sie doppelt so viele Kinder wie die "Hochwertigen" bekommen. "Sarrazin",
wird gemurmelt. Auf dem Plakat ist ein seltsames Wesen abgebildet, das ein
wenig an den Glöckner von Notre-Dame erinnert. Von Jahr zu Jahr wird das
furchterregende Wesen größer, bis es den "hochwertigen Deutschen", der als
Athlet dargestellt ist, vollständig verdrängt hat. "Sarrazin macht nichts
anderes, als dieses Plakat neu zu formulieren", behauptet Hertmut Idzko,
der mit seiner Familie extra aus Hamburg angereist ist.
Auch wenn sich die Besucher um die Ausstellungsstücke drängen, ist es
unglaublich leise; wenn überhaupt ein Wort gesagt wird, dann im Flüsterton.
Es sind die Touristen aus Spanien, England und den Niederlanden, die
bisschen Leben in das Museum bringen. Sie fachsimpeln laut vor den
Uniformen und lachen, als sie das Brettspiel "Auf der Reichsautobahn. Der
Weg zum Ziel. Ein deutsches Spiel" erblicken.
17 Oct 2010
## AUTOREN
Martin Rank
Martin Rank
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
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