# taz.de -- Studie zu Brandenburger Jugendlichen: Teenies sind gut drauf | |
> Die märkische Jugend trotzt allen Klischees: Sie ist optimistisch, | |
> leistungsorientiert und tolerant. Und in der gesamtdeutschen Realität | |
> angekommen, wie Platzeck frohlockt. | |
Bild: Auch so kann's aussehen, wenn junge Leute sich Brandenburg fühlen | |
Gemeinhin gilt die Brandenburger Jugend ja als landflüchtig, Kurzhaar-affin | |
und stets gefährdet, den nächsten Alleebaum zu touchieren. Diesen Klischees | |
hält eine am Dienstag in Potsdam veröffentlichte Studie wissenschaftliche | |
Empirie entgegen - und zeichnet den jungen Märker als optimistisch, | |
leistungsorientiert und so tolerant wie seit Jahren nicht. | |
"Die Brandenburger Jugend ist in der gesamtdeutschen Realität angekommen", | |
frohlockte denn auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Und | |
Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) betonte: "Die Ost-West-Diskussion | |
spielt für sie keine Rolle mehr. Da können wir Erwachsenen noch was | |
lernen." Ganz stimmt das nicht: So sieht immer noch die Hälfte der | |
Jungmärker schlechtere Ausbildungschancen im Osten als im Westen und 59 | |
Prozent schlechtere Jobchancen. Diese Zahl lag vor fünf Jahren aber | |
deutlich höher: bei jeweils rund 70 Prozent. Vier Fünftel aller | |
Jugendlichen halten heute eine Ost-West-Unterscheidung grundsätzlich für | |
"irrelevant". | |
Die Langzeitstudie "Jugend in Brandenburg" wird seit 1991 erhoben, zuletzt | |
2005. Befragt wurden diesmal 3.132 Schüler zwischen 12 und 20 Jahren. Deren | |
wichtigster Wunsch ist 2010 "eine erfüllende Arbeit" - ein Spitzenwert seit | |
den 90ern. "Von fauler Jugend kann keine Rede sein", sagte Studienverfasser | |
und Sozialforscher Dietmar Sturzbecher. An Bedeutung gewonnen haben soziale | |
Werte wie Familiengründung und Hilfsbereitschaft. "Wir können uns auf | |
unsere Jugend verlassen", bilanzierte Platzeck. | |
Dabei zeigen sich die Schüler robust: Rund die Hälfte hat bereits Armut und | |
Arbeitslosigkeit in der Familie erlebt, ein Drittel hat getrennte Eltern - | |
Letzteres ist ein Höchstwert seit 1993. Dennoch zeigt sich gut die Hälfte | |
der Befragten mit ihrem Familienklima "völlig zufrieden" - eine Steigerung | |
um 10 Prozentpunkte seit 1996. | |
Entsprechend ist auch der Blick nach vorne positiv: 87 Prozent der Schüler | |
sehen ihre Berufsperspektiven optimistisch. 2005 taten dies nur 73 Prozent. | |
Der Abwanderungswunsch bleibt aber konstant: 45 Prozent erklären, lieber an | |
einem anderen Ort wohnen zu wollen. "Offensichtlich sieht die Jugend | |
zunehmend ihre Chance im eigenen Land", freute sich Platzeck dennoch. Eine | |
Ursache dafür sei auch die zuletzt halbierte Jugendarbeitslosigkeit in der | |
Mark. | |
Ein Wandel vollzieht sich beim politischen Interesse. Die "aktive Teilnahme | |
am politischen Leben" hat heute den geringsten Stellenwert aller | |
Lebensziele: Nur ein Drittel betrachtet dies als wichtig, ein leichter | |
Rückgang zu 2005. 83 Prozent bezeichnen sich als politikverdrossen. | |
Sozialforscher Sturzbecher attestierte der Jugend zwar weniger Interesse | |
und Vertrauen in die "große Parteipolitik", wohl aber ein gewachsenes | |
Zivilengagement. 13 Prozent seien in Bürger-, Umwelt- oder | |
Menschrechtsinitiativen aktiv - mehr als vor zehn Jahren. "Im Regionalen | |
ist das politische Interesse da." Platzeck wertet diese Ergebnisse als | |
Auftrag zu "mehr politischer Transparenz". | |
Positiv auch: Der Rechtsextremismus hat es schwerer in Brandenburg. Zwar | |
befürworten immer noch 10,5 Prozent der Jugend "tendenziell" und 3 Prozent | |
"völlig" rechtsextreme Statements. Und 22 Prozent erklären, es gebe zu | |
viele Ausländer in Brandenburg - bei gerade mal 46.000 Nichtdeutschen auf | |
2,5 Millionen Einwohner im Land. 1993 lagen latente rechtsextreme | |
Einstellungen aber noch bei 20 Prozent, feste bei 7 Prozent. Zudem hat sich | |
der Anteil derjenigen, die Rechtsextremismus völlig ablehnen, in den | |
letzten 20 Jahre auf 60 Prozent fast verdoppelt. Platzeck rechnete das auch | |
dem Demokratieprogramm "Tolerantes Brandenburg" zu. "Diese 60 Prozent sind | |
unsere Verbündeten im steten Kampf gegen Rechtsextremismus." | |
"irrelevant" --> | |
20 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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