# taz.de -- Die CSU und die Türkei: "Wir wollen keine Gleichmacherei" | |
> Die CSU tut sich nach wie vor schwer damit, eine EU-Mitgliedschaft der | |
> Türkei zu akzeptieren. CSU-Politiker Manfred Weber erklärt, warum. | |
Bild: Wächst das zusammen? | |
taz: Herr Weber, Bundespräsident Christian Wulff hat in seiner Rede vor dem | |
türkischen Parlament klargemacht, dass er die türkischen Zuwanderer als | |
einen Teil Deutschlands betrachtet. Hat er recht? | |
Manfred Weber: Die Beschreibung, dass türkische Mitbürger heute Teil der | |
Gesellschaft sind, ist vollkommen richtig. Die für uns als CSU wichtige | |
Frage ist aber: Was ist prägend für diese Gesellschaft? Der Islam kann das | |
heute noch nicht sein. Grundlegend sind das christlich-jüdische Erbe und | |
die Aufklärung. | |
Wie ist denn die Stimmung in der CSU zu Wulffs Aussage, der Islam gehört zu | |
Deutschland? | |
Es geht darum, wie wir mit den Zuwanderern umgehen. Wir als CSU wollen | |
keine Gleichmacherei, anders als es etwa bei der FDP mitschwingt. Die FDP | |
sagt, man solle nicht über Religion und Prägung reden. Dass das falsch ist, | |
zeigt am besten das Beispiel Mesut Özil. | |
Wieso das? | |
Viele Deutschen erkennen an, welche Bereicherung Mesut Özil ist, von den | |
hier lebenden Türken wird er aber nicht als Vorbild gesehen, sondern | |
ausgepfiffen, weil er sich zu Deutschland bekennt. | |
Der Bundespräsident hat der Türkei ergebnisoffene und faire | |
EU-Beitrittsverhandlungen versprochen. Wie finden Sie das? | |
Für mich ist das ein gutes Signal. Denn er nimmt erst mal Abstand davon, | |
dass mit den Verhandlungen auch automatisch der Beitritt erfolgen wird. Das | |
ist normalerweise das Verhandlungsziel. Wenn der deutsche Bundespräsident | |
sagt, es gibt einen offenen Ausgang, dann ist das schon eine erste Abkehr | |
vom Ziel Vollmitgliedschaft. Der Appell des Bundespräsidenten, dass man mit | |
der Türkei fair umgehen solle, heißt für mich: jetzt ehrlich zu sagen, was | |
realistisch ist und was nicht. Nicht realistisch ist die | |
Vollmitgliedschaft, realistisch eine enge Partnerschaft. | |
Aber die Türkei hat in den vergangenen Jahren erhebliche Reformen | |
durchgeführt. | |
Man muss die Frage stellen dürfen, warum die Türkei die Reformen gemacht | |
hat. Es hört sich oft an, als wolle die Regierung vor allem EU-Standards | |
erfüllen. Eine größere Unabhängigkeit der Justiz, eine Stärkung der | |
Frauenrechte, das sollte doch angestrebt werden, weil man | |
gesellschaftlichen Fortschritt möchte, nicht um uns zu gefallen. | |
Die CSU scheint sich deutlich schwerer mit dem Gedanken an eine türkische | |
Mitgliedschaft in der EU anzufreunden als andere Parteien. Woher kommt das? | |
Vielleicht weil wir nach wie vor näher an den Menschen dran sind. Denn die | |
Stimmungslage in Umfragen zeigt deutlich, dass viele Menschen skeptisch | |
gegenüber einem EU-Beitritt sind. Wir artikulieren diese Stimmung. | |
20 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Hübner | |
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