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# taz.de -- Kommentar Wulff in der Türkei: Der Bundesintegrationsbeauftragte
> Rassismus wird gerade wieder hoffähig gemacht. Da ist es gut, dass
> Bundespräsident Christian Wulff die richtigen Worte findet.
Bild: Wächst das zusammen?
Das Ganze hat natürlich auch seine komischen Seiten: Da bemühte sich
Exbundespräsident Horst Köhler jahrelang vergeblich, wenigstens einen
einzigen Satz zu sagen, der von ihm in Erinnerung bleiben würde. Und seinem
Nachfolger Christian Wulff gelingt dies, fast aus Versehen, schon in seinen
ersten Wochen im Amt.
Da wurde der deutsche Nationalkicker Mesut Özil beim deutsch-türkischen
Länderspiel neulich in Berlin über 90 Minuten jedes Mal von türkischen Fans
gellend ausgepfiffen, sobald er gegen den Ball trat. Und der türkische
Staatspräsident Abdullah Gül preist ihn kurz danach als leuchtendes Vorbild
gelungener Integration in Deutschland.
Die Liste der Absurditäten ließe sich fortsetzen. Aber witzig ist es nicht
mehr: Rassismus wird gerade wieder hoffähig gemacht in Deutschland. Gut,
dass Bundespräsident Wulff in dieser von Ressentiments und Unwissen
geprägten Diskussion die richtigen Worte findet. So auch jetzt wieder in
Ankara.
Das hatte dem früheren Ministerpräsidenten Niedersachsens vor Amtsantritt
im Schloss Bellevue kaum jemand zugetraut. Bis dahin umwehte Wulff die
Langeweile eines Traumschwiegersohns. Doch auf einmal legt der
CDU-Spitzenpolitiker los - und ruderte bisher auch nicht zurück, obwohl er
für seine Aussage, der Islam ist Teil Deutschlands, viel Kritik aus den
eigenen Reihen erntete.
Dass er es außerdem vor dem türkischen Parlament gewagt hat, sowohl die
Probleme bei der Integration ("das Verharren in Staatshilfe,
Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung")
anzusprechen wie den immer noch schäbigen Umgang des türkischen Staats mit
den so harmlosen Forderungen der winzigen christlichen Minorität in der
Türkei - beides zollt einem dann doch Respekt ab.
Klar ist: Ohne eine geglückte Integration der türkischstämmigen Einwanderer
in Deutschland und eine Gleichberechtigung der Christen in der Türkei wird
es keinen EU-Beitritt des Landes geben. Die gegenwärtige Regierung in
Ankara scheint das zu wissen.
Wenn sich Wulff weiterhin so unerwartet mannhaft gegen die gefährlichen
Polemiken à la Sarrazin und Seehofer als Integrator und Aufklärer beweist,
darf man schon jetzt von einer wichtigen Präsidentschaft reden. Wir werden
von Wulff wohl nie rhetorische Glanzstücke im Stile eines Heuss, Weizsäcker
oder Rau hören. Aber im Augenblick ist er genau der richtige Mann am
rechten Platz.
19 Oct 2010
## AUTOREN
Philipp Gessler
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