# taz.de -- Bergleute protestieren in Chile: Piñera auf Europatour | |
> Chiles Präsident kommt am Donnerstag nach Berlin. Zu Hause protestieren | |
> die Bergleute gegen die Regierung: Sie fordern als Entschädigung die | |
> Auszahlung von rund 200.000 Euro. | |
Bild: Chiles Präsident Sebastian Piñera zeigte sich mit den Familien der 33 v… | |
BUENOS AIRES taz | Chiles Präsident Sebastián Piñera ist derzeit auf | |
Europatour. Am Donnerstag wird er in Berlin erwartet. Obwohl schon lange | |
geplant, ist diese Reise für den chilenischen Präsidenten nach der | |
erfolgreichen Rettung der 33 Bergleute nun ein Ereignis, bei dem ihm viel | |
Aufmerksamkeit zuteilwird. | |
Während Piñera in London neue Arbeitschutzregelungen ankündigte und die | |
Ratifizierung der Konvention 176 der Internationalen Arbeitsorganisation | |
(ILO) über die Sicherheit und Gesundheit im Bergbau in Aussicht stellte, | |
protestierten in der chilenischen Atacamawüste die Bergleute dagegen, dass | |
sie von der Regierung vergessen werden. | |
Am Dienstag hatten frühere Minenarbeiter des Bergbauunternehmens San | |
Esteban vorübergehend die Nationalstraße 5 in der Nähe der Stadt Copiapó | |
blockiert. San Esteban ist die Betreiberfirma der Unglücksmine, in der am | |
5. August 33 Kumpel verschüttet worden waren. | |
Die über 300 ehemals festangestellten Minenarbeiter und knapp 200 | |
Vertragsarbeiter fordern die sofortige Auszahlung der ausstehenden | |
Abfindungen in Höhe von rund 200.000 Euro. Jedem Kumpel steht für jedes | |
Arbeitsjahr ein Monatslohn als Abfindung bei einer vorzeitigen Entlassung | |
zu. | |
Nach dem Konkurs der Betreiberfirma und den Entlassungen der Bergleute | |
kündigte der eingesetzte Verwalter jetzt an, ein Viertel der | |
Abfindungssumme könne im Dezember und der Rest in elf Raten gezahlt werden. | |
Doch nicht nur das. Nach Angaben des Gewerkschafters Javier Castillo warten | |
266 ehemalige Arbeiter der Mine noch immer auf ihre Arbeitspapiere. | |
Castillo forderte den Staat auf, dafür zu sorgen, dass die Arbeiter endlich | |
ihre Entschädigung erhalten, um sich neue Arbeit suchen zu können. "Die | |
Kumpel brauchen Geld, und zwar heute und nicht erst vielleicht übermorgen", | |
so Castillo. | |
Bergbauminister Laurence Golborne hatte eine finanzielle Entschädigung | |
durch den Staat jedoch erneut abgelehnt. "Das ist eine Angelegenheit der | |
Privatfirma San Esteban. Sie muss die Bergleute auszahlen, so wie es ihnen | |
zusteht", sagte Golborne. Die Regierung habe jedoch dafür gesorgt, dass | |
zumindest die noch ausstehenden Löhne bis Anfang Oktober gezahlt wurden. | |
"Die Regierung macht sich über uns lustig. Wir sind 300 Familien mit | |
kleinen Kindern und ohne jedes Einkommen. Meinen Mann und die anderen | |
wollen sie in Raten auszahlen. Aber bevor sie ihnen nicht die Abfindungen | |
komplett gezahlt haben, nimmt die Arbeiter keine andere Firma", so die | |
Ehefrau eines Kumpels. | |
Gegen das Bergbauunternehmen San Esteban wurden bereits neue Vorwürfe | |
erhoben. So hätten die Kumpel gut drei Stunden vor dem verheerenden | |
Einsturz starken Lärm wie bei Sprengungen gehört. Deshalb hätten sie darum | |
gebeten, die Mine räumen zu dürfen. Dies hätten die Verantwortlichen aber | |
abgelehnt, erklärte der Abgeordnete Carlos Vilches am Dienstag. | |
Vilches gehört der parlamentarischen Untersuchungskommision an, die sich | |
mit den Ursachen des Unglücks befasst. Er beruft sich auf eine Aussage von | |
Juan Illanes, der mit den 32 Kumpeln in der vergangenen Woche gerettet | |
worden war. | |
20 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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