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# taz.de -- Verhandlungen um Hartz-IV-Reform: Klare Kritik, unklare Vorschläge
> Die Regierung braucht eine Mehrheit im Bundesrat. Neben der SPD könnten
> auch die Grünen entscheidend sein. Trotzdem ist offen, ob der
> Hartz-IV-Satz noch erhöht wird.
Bild: Noch ist nichts endgültig.
BERLIN taz | Die SPD will sich noch nicht festlegen, welchen Regelsatz sie
für Hartz-IV-Empfänger fordert. "Wir müssen erst Berechnungen veranlassen",
sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sozialexpertin Elke
Ferner der taz. Klar ist allerdings für die Sozialdemokraten, dass die
Kalkulationen der Bundesregierung "willkürlich" und "methodisch falsch"
sind.
Die Auffassungen der Opposition sind plötzlich wichtig, weil die
Bundesregierung ihre Mehrheit im Bundesrat verloren hat. Union und FDP
wollen den Regelsatz für Erwachsene um 5 Euro auf 364 Euro anheben - zudem
soll es ein Bildungspaket für Kinder aus armen Familien geben. Der
paritätische Wohlfahrtsverband hat hingegen ermittelt, dass der
Hartz-IV-Satz auf mindestens 382 Euro steigen müsste. Eine Reform wird
nötig, weil das Bundesverfassungsgericht eine Neuberechnung bis 2011
verlangt hat.
Theoretisch stehen die Chancen also gut, dass die Opposition die Regierung
zu Zugeständnissen zwingen kann. Allerdings zeigt sich bei Verhandlungen im
Bundesrat immer wieder, dass die Länder oft ihre eigenen Prioritäten haben.
"Die Höhe der Hartz-IV-Sätze ist den Ländern nicht so wichtig, weil es sie
weniger betrifft", stellt Ferner fest. Für die Länder ist es stattdessen
lukrativer, vom Bund noch mehr Geld für die Bildungsangebote für Kinder aus
armen Familien herauszuhandeln. Bisher sind dafür rund 700 Millionen
vorgesehen.
Doch nicht nur die SPD kann der Regierung zu einer Mehrheit im Bundesrat
verhelfen - auch die Grünen. Deren Stimmen in Hamburg und im Saarland
würden ebenfalls reichen. Die Forderungen der Grünen sind eigentlich
eindeutig, steht doch im Parteiprogramm, dass der Regelsatz bei 420 Euro
liegen soll.
Allerdings wird noch ein anderes Modell gerechnet, um Bewegungen in die
Verhandlungen zu bringen: Statt den Regelsatz deutlich zu erhöhen, könnten
die einmaligen Zahlungen für Großanschaffungen wieder eingeführt werden.
Bisher müssen viele Hartz-IV-Empfänger einen Kredit beim Jobcenter
aufnehmen, wenn sie eine kaputte Waschmaschine ersetzen wollen. "Die
Bundesagentur verwaltet 1,1 Millionen Darlehen", rechnet der grüne
Sozialexperte Markus Kurth vor. "Das ist ein wahnsinniger
Verwaltungsaufwand."
Wenn die Hartz-IV-Reform wie gefordert am 1. Januar in Kraft treten soll,
müsste sie am 17. Dezember vom Bundesrat verabschiedet werden. "In diesem
engen Zeitplan ist ein Vermittlungsverfahren gar nicht eingerechnet",
kritisiert Ferner.
Doch was passiert, wenn die Frist des Bundesverfassungsgerichts nicht
eingehalten wird? Die Grünen gehen davon aus, dass die Kinder trotzdem ab
Januar einen Rechtsanspruch auf das Bildungspaket der Bundesregierung
hätten. Heikler wäre es bei den neuen Regelsätzen von 364 Euro. "Da sind
wir uns bei den Konsequenzen nicht sicher", sagt Kurth. Die Juristen würden
diesen Fall gerade prüfen. "Aber es könnte zu einer Klagewelle kommen,
indem die Bescheide angefochten werden." Dies wäre ein "Horrorszenario" für
die Länder, weil sie die Gerichtskosten tragen müssten.
22 Oct 2010
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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