# taz.de -- Affäre um Konstantin Neven DuMont: Der beste Mann braucht Hilfe | |
> Derzeit macht Konstantin Neven DuMont mit einer bizarren Blog-Affäre von | |
> sich reden. Sein Vater will ihn unbedingt als Erben, dieser Druck lässt | |
> den Junior immer wieder straucheln. | |
Bild: Journalismus ist ihm ein Herzensanliegen: Verlagserbe Konstantin Neven Du… | |
Eigentlich ist Konstantin Neven DuMont ein Glücksfall. Welcher | |
Zeitungsbesitzer sonst führt so hartnäckig die investigative Recherche im | |
Munde, unterstreicht bei allen Auftritten die Notwendigkeit, in Redaktionen | |
zu investieren, statt sie auszudünnen? Die Zukunft des Journalismus ist dem | |
40-Jährigen ein Herzensanliegen, nicht nur für allfällige Sonntagsreden. | |
Und er bringt sich auf allen Ebenen ein: In Blogs, bei Kongressen, vor fast | |
jedem Publikum. | |
Passt das zu einem, der unter Dutzenden von Pseudonymen in einem bekannten | |
Medienblog über Monate mit sich selbst diskutiert und dabei neben viel | |
Halbgarem auch richtigen Stuss von sich gibt und bei Kritik um sich beißt? | |
Leider ja. | |
Der Lack blätterte längst vor der jüngsten Blog-Affäre. Anfang Oktober | |
debattiert Konstantin Neven DuMont mit beim Kongress "Öffentlichkeit und | |
Demokratie" in Berlin. Doch als er aus dem Publikum gefragt wird, warum | |
auch die Titel der DuMont-Gruppe die eben erst verbindlich verabredeten | |
Honorarsätze für freie Mitarbeiter unterlaufen, wird der Journalismusfan | |
einsilbig: Damit kenne er sich "nicht so aus", sei im Grunde auch "gar | |
nicht zuständig". Eine seltsame Antwort für einen Konzernvorstand. Und noch | |
seltsamer wird sein Vortrag im Anschluss über die Zukunft der Branche - | |
"wirr und unzusammenhängend" sei das gewesen, erzählen Teilnehmer. | |
Und das ist noch höflich formuliert. "Der Junge braucht Hilfe", sagt ein | |
DuMont-Insider ganz ohne Umschweife. Wie alle, die zum Thema etwas sagen, | |
will er seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Der Konzern hat | |
dichtgemacht, Informationen gibt es nicht. Natürlich werden sie vergangene | |
Woche geredet haben, unter Vorsitz von Konstantins Vater Alfred, in der | |
Familienrunde aus den zwei Zweigen, den Neven DuMonts und den | |
DuMont-Schüttes, denen Deutschlands viertgrößtes Zeitungshaus gehört. Doch | |
aus der von Konstantin Neven DuMont am vergangenen Wochenende angekündigten | |
Erklärung, die klarmachen sollte, ob er den Vorstand verlässt und ob er | |
künftig noch eine Rolle im Konzern spielt, wurde nichts. | |
Eine schnelle, geräuschlose Lösung wäre aber auch nicht sein Stil: | |
"Konstantin ist für geordnete Verfahren in keinem Fall zu haben", heißt es | |
bei DuMont. | |
Der Verlagserbe war immer schon der "Konstantin", der "Junior", dem viele | |
noch nie zutrauten, das Haus einst ganz zu leiten. Und der mit Kritik nicht | |
umgehen kann, sich stets ungerecht behandelt fühlt. | |
Vielleicht hat er deswegen diesen großen Fehler gemacht. Nachdem die | |
Blog-Kommentaraffäre hochgekocht und sein Rücktrittsgesuch von ihm | |
höchstselbst via Spiegel in die Welt getragen war, hat er sich auch noch | |
gemeldet, als Bild Köln vor einer Woche anrief - die schärfste Konkurrenz | |
des DuMont-eigenen Express. Das Springer-Blatt schlachtete Vater und Sohn. | |
Alfred Neven DuMont habe zwar seinen Laden lange erfolgreich geführt, doch | |
sich dann als Romancier blamiert, den "auf der Zielgeraden seines Lebens" | |
nun "offenbar Intuition und Glück im Stich" ließen, hieß es da. Süffisant | |
schrieb Bild von der "Tragik einer lebenden Legende". Ob der Vater dies dem | |
Sohn verzeiht? | |
Vielleicht sind die beiden jetzt aber einfach nur quitt: Schließlich hat | |
Alfred in seinem zweiten Buch "Reise zu Lena", einer fiktiven | |
Familiengeschichte, bei der sich trotzdem Bezüge zu den realen DuMonts | |
aufdrängen, eine wenig schmeichelhafte Sohn-Figur eingeführt. Die macht dem | |
Erzähler, einem alternden Patriarchen, der sein Haus ordnet, das Leben | |
sauer. Konstantin Neven DuMont sagte dem Zeit Magazin, sein Vater habe ihn | |
danach angerufen, er sei nicht gemeint gewesen. Und er habe erwidert, das | |
sei ihm schon klar. | |
Es ist dieser Vater-Sohn-Konflikt, die großen Erwartungen des Alten an den | |
Jungen, die Konstantin Neven DuMont sein Leben lang begleiten. 1969 kommt | |
er in Bergisch Gladbach zur Welt, wächst umgeben von den Annehmlichkeiten | |
eines Millionärshaushalts neben seinem zwei Jahre älteren Bruder Markus | |
auf. Das Kreative liegt in der Familie: Schon Vater Alfred wollte | |
eigentlich lieber Schauspieler als Verlagsmanager werden. Markus schlägt | |
schon früh die künstlerische Laufbahn ein, rutscht in die Drogenszene ab, | |
kurz vor seinem frühen Tod 1995 wird er sich Spiridon nennen. Schwester | |
Isabella organisiert Kunst und Künstler - als Chefin des hauseigenen | |
Veranstaltungszentrum Studio Dumont in der Kölner Innenstadt. Auch | |
Konstantin sagt nun, ihm läge das Kreative mehr als das publizistische | |
Tagesgeschäft. | |
Aber da ist die dynastische Pflicht: Alfred wurde im September 1953 mit | |
gerade einmal 26 Jahren von Vater Kurt Neven DuMont in den heimischen | |
Verlag zurückbeordert, um später in elfter Generation das Haus M. DuMont | |
Schauberg zu führen. Und natürlich soll auch künftig ein Neven ran. Doch | |
Konstantin tut sich schon früh schwer mit dem festgelegten Weg. Die | |
Schullaufbahn verläuft nicht eben planmäßig, heißt es zurückhaltend in | |
Köln. Also folgt rasch ein Journalismusstudium in den USA - das hatte auch | |
sein Vater absolviert. 1995 kommt dann der offizielle Eintritt in den | |
Verlag. | |
"Es war ein Glücksfall, dass mir mit 27 Jahren von meinem Vater (…) der | |
Kölner Stadtanzeiger anvertraut wurde. Ich kam aus Chicago zurück, hatte | |
dort Journalismus studiert. Ich wusste alles besser und hatte auch recht. | |
Ich setzte mich durch und modelte die Zeitung völlig um", erzählte Alfred | |
jüngst in einem Interview mit der hauseigenen Berliner Zeitung über seine | |
Anfangsjahre im Verlag. Gegen so ein Selbstbewusstsein beim eigenen Vater | |
muss man erst mal ankommen, noch dazu in einer Branche, in der es anders | |
als in den 1950ern nicht mehr aufwärts geht. Konstantin sei immer sehr | |
verkrampft und angespannt, wenn er mit dem "Alten" auftritt, sagen | |
Redakteure, die die beiden in Frankfurt und Berlin erlebt haben. | |
Dabei lebt der designierte Verlagserbe im Spannungsfeld, dass ihm | |
einerseits kaum jemand viel zutraut und andererseits der "Alte" die | |
Hoffnung nicht aufgibt, dass sich der Junior noch entpuppt: "Der Vater | |
wollte und will immer wieder dem Sohn vertrauen", sagt ein DuMont-Insider. | |
Bloß steht er ihm dabei selbst im Wege, denn wie viele Patriarchen kann | |
Alfred nicht loslassen. | |
Konstantin hat sich auf seine Art in dem Dilemma eingerichtet: Er hält sich | |
für klasse. Neuen Führungskräften stellt er sich schon mal völlig ohne | |
Selbstironie als der "beste Mann im ganzen Konzern" vor. Kritische | |
Würdigungen - ein Süddeutsche-Porträt trug schon vor über zehn Jahren die | |
Überschrift "Herr Sonderbar" - sind für ihn Teil bösartiger Kampagnen. | |
Als sich die taz vor drei Jahren anlässlich der Übernahme der Frankfurter | |
Rundschau mit dem neuen Herausgeber auseinandersetzte und von dessen | |
"Gesellenstücken" in Köln schrieb, brachte ihr das einen Besuch im | |
DuMont-Hauptquartier ein. Konstantin Neven DuMont hatte einen Stapel fast | |
aller taz-Artikel über ihn dabei - und eine Botschaft: "Ich bin halt | |
qualifiziert und habe letztendlich auch bewiesen, dass ich es eben | |
mindestens so gut kann wie die ganzen Leute aus der Finanzbranche und die | |
anderen Verlagsgeschäftsführer", sagte er damals: "Ich würde ich mich da | |
auf jeden Fall im oberen Bereich, was meine Qualitäten angeht, ansiedeln." | |
Heute liest sich das so: "Ich habe mich in den letzten 15 Jahren immer für | |
die Branche starkgemacht und bin jetzt betroffen über die Kampagnen gegen | |
mich", sagte Konstantin Neven DuMont vergangenen Montag in Bild. "Aber da | |
wird jeder noch sein Fett wegkriegen." | |
Nach diesem Interview, das gegen die Verabredung im Vorstand erfolgte, die | |
Klappe zu halten, hofft mancher, dass es Konstantin "so überzogen hat, dass | |
es kein Zurück mehr gibt". Mancher will sogar "eher allgemeine | |
Erleichterung" ausgemacht haben. Vielleicht ist das seit einer Woche | |
durchgehaltene Schweigen aber auch ein Zeichen dafür, dass noch einmal | |
versucht wird, Konstantin zurückzuholen. Um die Dynastie zu erhalten. Die | |
Hoffnung stirbt zuletzt. | |
31 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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