# taz.de -- Ausbeutung: Profitables aus Kinderhand | |
> Ein großer Bremer Baumwollhändler steht im Verdacht, an erzwungener | |
> Kinderarbeit in Usbekistan zu verdienen. Die Firma bestreitet jedoch alle | |
> Vorwürfe. | |
Bild: Knochenarbeit: Kinder müssen in der Baumwollernte in Usbekistan bis zu s… | |
Einem der größten deutschen Baumwollhändler, der Otto Stadtlander GmbH | |
(Osta) aus Bremen, wird vorgeworfen, von ausbeuterischer Kinderarbeit in | |
Usbekistan zu profitieren. Die Firma bestreitet das. Sie räumt aber ein, | |
zwei Prozent ihres Jahresumsatzes von rund 100.000 Tonnen aus Usbekistan zu | |
beziehen. Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) | |
und das Deutsch-Usbekische Forum für Menschenrechte (UGF) haben in diesem | |
Zusammenhang bei der OECD Beschwerde gegen sieben europäische | |
Baumwollhändler eingereicht, darunter Osta. Davon hat die Firma jedoch | |
keine Sanktionen zu befürchten. Die OECD kann schlimmstenfalls eine Rüge | |
aussprechen. | |
Laut ECCHR ist davon auszugehen, dass zwischen einer und 2,7 Millionen | |
Schulkindern im Jahr in der usbekischen Baumwollindustrie arbeiten. In der | |
Saison 2006/07 sollen circa 57 Prozent der gesamten Baumwollernte des | |
Landes von Kindern zwischen fünf und elf Jahren eingebracht worden sein. | |
Die Internationale Arbeitsorganisation ILO äußerte jüngst ihre "ernsthafte | |
Besorgnis" über die Situation der Kinder im sehr autoritär regierten | |
Usbekistan. Jedes Jahr würden diese bis zu drei Monate lang aus der Schule | |
genommen und müssten dann unter "gefährlichen Bedingungen" in den | |
Baumwollfeldern arbeiten. MenschenrechtlerInnen sprechen von einem | |
anhaltenden, systematischen und erzwungenen Einsatz von Kinderarbeit in der | |
usbekischen Baumwollindustrie - unter anderem UGF-Gründerin Umida Nyazova, | |
die am Dienstag in Bremen auftrat und eine der bekanntesten | |
MenschenrechtsaktivistInnen ihres Landes ist. Die Rede ist von schlimmsten | |
hygienischen und gesundheitlichen Bedingungen, von sieben Tagen Arbeit pro | |
Woche - von der weder die Kinder noch deren Familien profitierten. | |
Das zentralasiatische Land spielt in der Branche eine wichtige Rolle: 2008 | |
wurden dort etwa 3,6 Millionen Tonnen Rohbaumwolle geerntet. Damit ist | |
Usbekistan weltweit der fünftgrößte Produzent, zudem der zweitgrößte | |
Exporteur von Baumwolle. Gut ein Fünftel davon landet nach Angaben der | |
Vereinten Nationen in EU-Ländern. | |
Rainer Hammer, geschäftsführender Gesellschafter bei Osta in Bremen, hat | |
nach eigenen Angaben in Usbekistan "keine Kinderarbeit gesehen". Ihm sei | |
Entsprechendes auch "nicht bekannt", sagt er der taz. Er verurteile | |
natürlich erzwungene Kinderarbeit, so Hammer zur taz. "Schlichtweg nicht | |
richtig" sind laut dem von Osta beauftragten Rechtsanwalt Detlev Reichert | |
Berichte des ARD-Magazins "Fakt", wonach die Bremer Firma "in großem | |
Umfang" Baumwolle aus Usbekistan kauft. Die etwa 2.000 Tonnen usbekischer | |
Baumwolle, die Osta nach eigenen Angaben im Jahr bezieht, würden über | |
"private, internationale Händler" gekauft, so Reichert, nicht aber in | |
Usbekistan selbst. Die Menge entspricht laut ECCHR einem Viertel des | |
gesamten deutschen Baumwollimports aus Usbekistan. | |
Die dortige Regierung kontrolliert die Baumwollbranche des Landes über drei | |
monopolistische, staatliche Unternehmen. Bei ihnen kaufe auch Osta ein, | |
behauptete Fakt. Reichert sagt, der Bremer Großhändler unterhalte keine | |
vertraglichen Beziehungen zu den staatlich-usbekischen Baumwollfirmen. | |
Allerdings unterhält Osta seit 1996 eine Niederlassung in der usbekischen | |
Hauptstadt Taschkent. Dort arbeitet Hammer zufolge eine Mitarbeiterin, die | |
den gesamten zentralasiatischen Markt beobachtet. | |
2 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
Jan Zier | |
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Kolonialgeschichte | |
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