# taz.de -- Britisch-französisches Abkommen: Verteidigungspakt besiegelt | |
> David Cameron und Nicolas Sarkozy haben in London eine umfangreiche | |
> Militärkooperation vereinbart. Sie gilt auch für Atomwaffen. | |
Bild: Sarkozy staunt, wie schön Cameron die Atomwaffen abzählen kann. | |
Der britische Premier David Cameron und der französische Präsident Nicolas | |
Sarkozy haben gestern bei einem Treffen in London ein Abkommen über eine | |
weitreichende militärische Zusammenarbeit und Aufgabenteilung | |
unterzeichnet. Auch die militärische Forschung im Bereich von Nuklearwaffen | |
wird in diese Kooperation einbezogen, wobei jedoch beide Atommächte je auf | |
der ausschließlichen Verfügungsgewalt über ihre eigenen Sprengköpfe | |
bestehen. | |
Zur Skepsis britischer Parlamentarier angesichts einer allzu weitgehenden | |
Annäherung an Paris hatte Cameron vor dem Unterhaus gesagt, es gehe um | |
"Partnerschaft, nicht Aufgabe der Souveränität". Dennoch ist das Abkommen | |
zur nuklearen Kooperation ein starkes Symbol. Künftig wollen die beiden | |
Staaten bei der Simulation von Atomtests und der Überprüfung der Qualität | |
des für Atomwaffen bestimmten Materials eng zusammenarbeiten. | |
Britische Experten werden zu diesem Zweck in das französische | |
Forschungszentrum Valduc im Burgund kommen, das mit virtuellen Tests die | |
Funktionsfähigkeit der Atomwaffen überprüft. Französische | |
Atomwissenschaftler bekommen Zugang zum britischen Labor Aldermaston im | |
Südosten Englands. | |
Der französische Strategieexperte François Heisbourg fragt sich, ob diese | |
auf fünfzig Jahre vereinbarte Kooperation eine Verletzung der | |
US-Gesetzgebung darstellen könnte, die Transfer von Informationen der | |
amerikanischen Atomforschung an Dritte verbietet. | |
Nach Ansicht der Pariser Zeitung Le Monde möchte Frankreich mit dieser | |
Partnerschaft auf politischer Ebene verhindern, dass die britische | |
Atommacht allein von den USA abhängt, und zugleich vermeiden, mit seiner | |
"Force de frappe" in Europa zusehends isoliert dazustehen. Dafür will | |
Frankreich den britischen Partnern auch Zugang zu gewissen Technologien | |
geben, die ihnen bisher nur die USA zur Verfügung stellen konnten. In | |
Frankreich existiere aber auch die Vision eines Dreiecks der nuklearen | |
Kooperation mit den USA und Großbritannien. | |
In einem weiteren Abkommen wurde die Schaffung einer "Combined Joint | |
Expeditionary Force" (CJEF) beschlossen. Diese aus verschiedenen | |
Truppengattungen gebildete Eingreiftruppe für weltweite Kampfeinsätze soll | |
bis zu 6.500 Soldaten aus beiden Ländern umfassen. Im Unterschied zur | |
bereits existierenden und permanenten deutsch-französischen Brigade soll | |
dieses französisch-britische Expeditionskorps je nach Einsatz im Rahmen von | |
Aktionen unter dem Kommando der Nato oder der EU konstituiert werden. | |
Einsparungen soll die verstärkte Zusammenarbeit auch bei der Entwicklung | |
von Unterseebooten, Raketen und Drohnen, im Bereich der Transportflugzeuge | |
und dem koordinierten Einsatz der Flugzeugträger bringen. | |
In London bemühte man gestern den Vergleich mit der "Entente cordiale" von | |
1904. Damals wurden zwei europäische Großmächte, die sich jahrhundertelang | |
bekämpft hatten, aus gemeinsamen geostrategischen Interessen zu Partnern. | |
Gut hundert Jahre später schließen die beiden Staaten vor allem infolge | |
notwendiger Einsparungen bei Militär- und Rüstungsausgaben ihre | |
strategische Vernunftehe. | |
3 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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