# taz.de -- Patt bei ersten freien Wahlen: Polarisierung in der Elfenbeinküste | |
> Entscheidung Stichwahl: Weder Staatschef Gbagbo noch Oppositionsführer | |
> Ouattara siegten in der ersten Runde der Präsidentenwahl in der | |
> Elfenbeinküste. | |
Bild: Die Zeitungen an der Elfenbeinküste bekommen nach dem Wahlpatt neuen Sto… | |
Die erste freie Präsidentschaftswahl in der Geschichte der Elfenbeinküste | |
hat keinen klaren Sieger hervorgebracht. Wie die Wahlkommission am Mittwoch | |
abend bekanntgab, erzielt der amtierende Präsident Laurent Gbagbo 38,3 | |
Prozent, gefolgt von Oppositionsführer Alassane Ouattara mit 32,1 Prozent. | |
Zweifel daran sind kaum möglich und wurden auch von den Anhängern der | |
beiden Spitzenreiter nicht mehr geäußert - die Wahlzettel wurden sowohl | |
elektronisch erfasst als auch mit der Hand gezählt, und die Ergebnisse | |
jedes Wahllokals wurden sorgfältig überprüft. | |
Die Entscheidung zwischen den beiden profiliertesten Politikern des Landes | |
fällt damit voraussichtlich am 28. November in einer Stichwahl. Anstelle | |
der erhofften Versöhnung der Elfenbeinküste, die seit Ausbruch einer | |
Militärrevolte gegen Gbagbo 2002 in einen von Rebellen kontrollierten | |
Norden und den von Gbagbo kontrollierten Süden gespalten war, steht damit | |
eine erneute Polarisierung bevor. Ouattara, in den 1990er Jahren liberaler | |
Premierminister, gilt als politischer Kopf hinter der nordivorischen | |
Rebellion mit ihren engen Beziehungen zu Burkina Faso und Mali; bei | |
früheren Wahlen durfte er wegen seiner angeblich burkinischen Abstammung | |
nicht antreten. Gbagbos Anhänger sehen sich als Vertreter der wahrhaft | |
einheimischen ivorischen Bevölkerung im Süden. | |
Die bisherigen Wahlergebnisse deuten auf eine klare Nord-Süd-Spaltung | |
zwischen Ouattara und Gbagbo hin. Gemildert wird sie lediglich durch das | |
teils gute Abschneiden des Expräsidenten Henri Konan Bédié, letzter | |
Vertreter der alten Kakaoelite des Landes, der 1999 vom Militär gestürzt | |
worden war. Bédié kommt mit 25,2 Prozent auf den dritten Platz und hat | |
neben seiner Heimatregion im Osten der Elfenbeinküste auch in den | |
südwestlichen Kakaoregionen besser abgeschnitten als erwartet. | |
Die Haltung Bédiés, der schon einmal von 1993 bis 1999 Präsident war, wird | |
über den Ausgang einer Stichwahl entscheiden. Bédié und Ouattara haben | |
miteinander vereinbart, sich im Falle einer Stichwahl gegenseitig gegen | |
Gbagbo zu unterstützen. Ob diese Abmachung jetzt noch gilt, ist nicht | |
endgültig klar. Bédiés Partei will das Ergebnis des ersten Wahlganges | |
offenbar vor Gericht anfechten. | |
Die Langsamkeit bei der Verkündung des Ergebnisses hatte zu Spannungen | |
geführt. In Abidjan, der einstigen Hauptstadt im Süden des Landes, war am | |
Dienstag die Armee massiv ausgerückt, um die Bevölkerung "zu beruhigen", | |
wie Armeechef Mangou am späten Dienstag im Staatsfernsehen mitteilte. Die | |
Wirkung war das Gegenteil: Zahlreiche Bewohner Abidjans bleiben seitdem zu | |
Hause, viele Büros und Märkte sind geschlossen. Regierung, Wahlkommission, | |
Armeeführung und religiöse Führer rufen so oft und penetrant zu Ruhe und | |
Geduld auf, dass viele Ivorer misstrauisch werden. Der Großraum Abidjan, in | |
dem ein Drittel der Bevölkerung der Elfenbeinküste lebt, ist die einzige | |
Region des Landes, in der sowohl Gbagbo als auch Ouattara sowie Bédié stark | |
sind. Gbagbo kommt hier auf 46,9 Prozent, gefolgt von Ouattara mit 31,4 und | |
Bédié mit 19,3 Prozent. | |
Einiges deutet darauf hin, dass manche Radikalen im Gbagbo-Lager eine | |
Wahlniederlage nicht akzeptieren würden. "Wir gewinnen - oder wir gewinnen" | |
war die Wahlkampfparole der Gbagbo-Anhänger in den letzten Tagen vor der | |
Wahl. Gemeint war: Der Sieg kommt entweder durch die Wahlurne oder auf der | |
Straße. In ivorischen Internetdiskussionen kursieren ethnische Stereotype | |
und versteckte Aufrufe zur Gewalt. "Die Schlange ist noch nicht tot, lasst | |
den Stock nicht sinken", schreibt ein Gbagbo-treuer Kommentator. | |
4 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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