# taz.de -- Geldanlage: Die Haspa kennt Sie besser als Sie selbst | |
> Deutschlands größte Sparkasse erstellt psychologische Kundenprofile, um | |
> ihre Produkte zu verkaufen. Verbraucherzentrale stellt sich unter fairem | |
> Wettbewerb etwas anderes vor. Offene Fragen beim Datenschutz | |
Bild: Risikofreudig, aber chancenreich: Der Typus "Abenteurer" | |
Die Hamburger Sparkasse (Haspa) nutzt Erkenntnisse der Hirnforschung, um | |
ihre Produkte unters Volk zu bringen. Nach Recherchen des Radiosenders NDR | |
Info ordnete Deutschlands größte Sparkasse ihre Kunden sechs | |
Charakterprofilen zu, auf die im Beratungsgespräch gesondert eingegangen | |
werden sollte. Dem Typ "diszipliniert" gegenüber sollte etwa die "rationale | |
Haspa" hervorgekehrt werden, der "Hedonist" dagegen mit der Karte fürs | |
Rockkonzert gelockt werden. Nach den Reaktionen auf den Bericht stellte die | |
Haspa das Projekt mit dem Namen "Sensus" am Donnerstag ein. | |
Hinter Sensus steht ein neuer Ansatz in der wissenschaftlichen | |
Marktforschung - das Neuromarketing. Hierbei würden "Erkenntnisse der | |
Gehirnforschung, der Psychologie und der Evolutionsbiologie mit empirischer | |
Konsumforschung verknüpft", heißt es auf der Website der "Gruppe | |
Nymphenburg". Die Unternehmensberatung lieferte mit ihrem System "Limbic" | |
das Vorbild für Sensus. | |
"Das ist alles kein Geheimnis und heute im Marketing gang und gäbe", sagte | |
Nymphenburg-Vorstandsmitglied Hans-Georg Häusel der dpa. Die Haspa habe | |
Limbic für ihre Bedürfnisse modifiziert. Als Grundlage dienten | |
Informationen darüber, welche Haspa-Produkte wie Aktien oder | |
Immobilienfonds jemand gekauft habe. Außer der Haspa gehörten auch andere | |
Finanzdienstleister zum Kundenkreis seiner Firma. Das System ermögliche es, | |
Zielgruppen noch besser zu segmentieren und entsprechend ihrer bewussten | |
wie auch unbewussten Bedürfnisse anzusprechen, verspricht die Firma. | |
Die Haspa teilte mit, ihr sei es ein Anliegen, so individuell wie möglich | |
auf die Wünsche ihrer Kunden einzugehen. "Die Haspa hat Sensus genutzt, um | |
die Bedürfnisse ihrer Kunden noch besser zu verstehen", teilte | |
Unternehmenssprecherin Stefanie von Carlsburg mit. "Obwohl Sensus im | |
Interesse unserer Kunden ist, stellen wir es nun ein." | |
Das Neuromarketing nutze die meist unbewussten Wünsche und Bedürfnisse von | |
Menschen, um diese zu bestimmten Entscheidungen zu veranlassen, kritisiert | |
Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. Gerade bei | |
Finanzprodukten seien jedoch rationale Entscheidungen wichtig. "Die ganze | |
Diskussion um Beratungsprotokolle und Verbesserungen bei der Beratung zu | |
Finanzprodukten, entlarvt sich als Farce", findet Castello. | |
Karin Baur vom Magazin Finanztest hält es für "erschreckend, was die da | |
machen, weil es das Beratungsgespräch entmenschlicht". Man bemächtige sich | |
der psychologischen Struktur eines Menschen, um diesen zu manipulieren. | |
Wie die Haspa an die nötigen Daten gelangt ist, wollen jetzt die | |
Datenschützer wissen. "Wir vermuten, dass das von der Kontoführung kommt", | |
sagt der stellvertretende hamburgische Datenschutzbeauftragte Joachim | |
Menzel. "Das wäre eine nicht erlaubte Nutzung dieser Daten." | |
4 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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