# taz.de -- Gregor Gysi im Wendland: Der Rebellenführer | |
> Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, sucht im Wendland | |
> Anschluss an die Bauern. Und findet ihn. Die Landwirte finden die linke | |
> Anti-Atom-Politik authentisch. | |
Bild: Gregor Gysi (hier bei Klein Gusborn) fühlt sich in seine agrarische Verg… | |
DANNENBERG taz | „Ich bin ja auch ein Bäuerlein“, scherzt Gregor Gysi, | |
brauner Mantel, schwarzer Rollkragenpullover, als er Bio-Getreidebauer | |
Wilhelm Struck die Hand drückt. Gelernter Rinderzüchter ist Gysi, heute | |
Linken-Fraktionschef und Advokat. Es ist der Samstagmorgen vor der großen | |
Dannenberg-Kundgebung. | |
Vier Kilometer weiter, auf einem Acker vor Gusborn, setzt sich Gysi hinter | |
den Lenker des orangen Ackertreckers von Bauer Struck, reiht sich ein in | |
den Treck der über hundert Traktoren nach Dannenberg. Mit 16 habe er den | |
Trecker-Führerschein gemacht, sagt der 62-Jährige. „Schade, dass wir nicht | |
ein bisschen schneller fahren können.“ | |
Bauer Struck nimmt auf dem Nebensitz Platz. „Ich hab' das glückliche Los | |
gezogen“, sagt er. Eine „interessante Person“ sei Gysi. Und die Linke sei | |
die einzige Partei, die Atom-Endlager authentisch und grundsätzlich | |
ablehne. Struck gehört zur Bäuerlichen Notgemeinschaft im Wendland, die | |
sich bereit erklärt hatte, Prominente per Trecker nach Dannenberg zu | |
befördern. Erhalten habe er dafür nichts, sagt Struck. Nur einen Handschlag | |
von Gysi – unter einem gelben Banner: „Kein Atommüll in Gorleben“. „Un… | |
Handschlag unter Bauern ist ein Vertrag“, so Struck. | |
Die Linke müht sich an diesem Samstag. Mehrere Busse hat sie aus dem | |
Bundesgebiet ins Wendland organisiert. Mit Gysi und Bundeschefin Gesine | |
Lötzsch sind zwei ihrer Promis angereist. Doch auf der Kundgebung in | |
Dannenberg dominieren die grünen Fahnen. Mit Anti-Atom-Sonne oder | |
Grünen-Logo. Und es ist die Partei von Künast und Trittin, die in Umfragen | |
Höhenflüge erlebt und als Anführer der neuerstarkten Anti-Atom-Bewegung | |
gilt. | |
Die anwesende Linken-Basis fühlt sich in Dannenberg dennoch gerade richtig. | |
Gegen bisher jeden Castor habe er protestiert, sagt Michael Braedt, Linker | |
aus Hannover. Grünen-Mitbegründer sei er gewesen, später ausgetreten. Auch | |
wegen des rot-grünen Atom-Konsens. „Den habe ich schon immer für Betrug | |
gehalten“, sagt Braedt. „Lag ich ja richtig, wie sich heute zeigt.“ | |
Auch auf der Bühne dürfen sich die Grünen nicht nur Freundliches anhören. | |
„Liebe Grünen-Mitglieder, wir freuen uns, dass ihr heute so zahlreich | |
erschienen seid“, ruft ein Redner. „Aber um eure Parteiführung müsst ihr | |
euch noch kümmern.“ Bei der Frage nach der Atom-Endlagerung würde diese | |
„herummurksen“. | |
Noch hätten die Grünen einen „Vorsprung“ beim Anti-Atom-Thema, sagt | |
Linken-Bundeschefin Gesine Lötzsch, mit rotem Schal am Linken-Stand. Aber | |
gerade hier vor Ort, im Wendland, sei die Linke für ihre Anti-Atom-Politik | |
„hoch angesehen“. Das Engagement der Linken für die Bürger, auch in | |
Stuttgart, werde anerkannt, so Lötzsch. „Wir brauchen nur einen langen | |
Atem.“ | |
Gysi steht derweil neben der großen Bühne. Parteipolitiker dürfen hier | |
heute nicht sprechen. „Wahnsinn“ sei es, dass Schwarz-Gelb den Atom-Konsens | |
aufgekündigt habe. „Das setzt die Demokratie in Gefahr.“ Wenn die | |
Bevölkerung jetzt dagegen rebelliere, dann müsse man solidarisch sein. „Und | |
mitmachen.“ | |
7 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
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