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# taz.de -- Regierungskrise in Italien: Berlusconis Showdown
> Mit der ultimativen Rücktrittsforderung an Berlusconi hat Parlamentschef
> Fini Italiens politische Optionen festgelegt: Neuwahlen oder eine neue
> Koalition.
Bild: Ausgelacht und demaskiert: Gianfranco Fini und Silvio Berlusconi.
Die Regierung Berlusconi ist am Ende, und die Frage ist eigentlich nur
noch, wer das Licht ausmacht. Am Sonntag erklärte Gianfranco Fini,
Präsident des Abgeordnetenhauses, auf dem Gründungskongress seiner neuen
Partei Futuro e libertà per lItalia (FLI - Zukunft und Freiheit für
Italien) die bisherige Regierung für gescheitert. Ultimativ forderte er
Silvio Berlusconi zum Rücktritt auf.
Von tausenden Anhängern gefeiert wie ein Rockstar, nutzte Fini seinen
Auftritt, um den seit über einem Jahr offen ausgetragenen
koalitionsinternen Konflikt mit Berlusconi weiter zu eskalieren. Er
rechnete Berlusconi dabei natürlich auch seine privaten Fehltritte wie
zuletzt die Affäre um die 17-jährige "Ruby" vor; im Mittelpunkt stand aber
die politische Attacke.
Maliziös erklärte der Parlamentspräsident, seine neue Partei sei gar "nicht
gegen Berlusconi", sondern schlicht "schon über Berlusconi hinaus". Und
sollte Berlusconi den Rücktritt verweigern, so werde er - Fini - seine
Parteigänger aus der Regierung zurückziehen. Ein Minister, ein
Staatsminister und zwei Staatssekretäre gehören zu der neu gegründeten FLI.
Berlusconi antwortete postwendend: Er denke gar nicht an Rücktritt. Wenn
Fini ihn zu Fall bringen wolle, solle er der Regierung gefälligst im
Parlament das Misstrauen aussprechen, ließ der Ministerpräsident wissen. Er
möchte nicht als Gescheiterter dastehen, der aus eigenen Stücken den
Rückzug antreten muss, sondern als Opfer eines politischen Dolchstoßes des
"Verräters" Fini.
Fini, der Ende Juli von Berlusconi aus der erst im Jahr 2009 gegründeten
rechten Sammelpartei Popolo della Libertà (PdL - Volk der Freiheit)
geworfen worden war und eine eigene Parlamentsfraktion gegründet hatte,
verfügt derzeit über 40 der 630 Abgeordneten; ohne ihn hat Berlusconi mit
etwa 300 Stimmen im 630-köpfigen Abgeordnetenhaus keine Mehrheit mehr.
Zwar sprachen Finis Gefolgsleute noch Ende September der Regierung das
Vertrauen aus, doch damit ist es jetzt vorbei. Fini hat definitiv die
Brücken zu Berlusconi abgebrochen. Und davon kann er nach seinem Ultimatum
auch schwerlich zurück.
In den nächsten Tagen wird es zum Showdown kommen. Die spannende Frage ist:
Was passiert dann? Erstens könnte eine Übergangsregierung entstehen -
getragen von allen Berlusconi-Gegnern, also vom rechten Fini bis hin zur
Linksopposition der Demokratischen Partei. Ziel dieser Regierung wäre es,
das Wahlrecht zu ändern - bisher nämlich erhält jene Koalition, die vorne
liegt (auch wenn sie nur 35 Prozent erobern würde), automatisch die
absolute Mehrheit der Sitze im Abgeordnetenhaus. Und der Berlusconi-Block
kann auch weiterhin mit 40 Prozent der Stimmen rechnen.
Für eine Übergangsregierung, die per Wahlrechtsänderung den erneuten
Triumph Berlusconis verhindern soll, werden schon Namen gehandelt, etwa der
frühere EU-Kommissar Mario Monti oder der gegenwärtige Notenbankpräsident
Mario Draghi.
Zweitens aber - und diese Lösung will Berlusconi - stehen als Alternative
sofortige Neuwahlen im Raum. Berlusconi vertraut darauf, dass seine Gegner
weiterhin zersplittert sind und kaum eine gemeinsame Koalition von rechts
bis links bilden könnten. Die aber wäre mit dem jetzigen Wahlrecht nötig,
um ihn zu schlagen. Die Regierung Berlusconi ist also am Ende - der
Politiker Berlusconi noch nicht.
8 Nov 2010
## AUTOREN
Michael Braun
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