# taz.de -- Kommentar zur Feminismusdebatte: Feminismus von vorgestern | |
> Wenn eine Frauenministerin keine Feministin sein will, darf sie sich über | |
> die Intervention von Alice Schwarzer nicht wundern. Dabei haben die | |
> beiden Damen so einiges gemein. | |
Bild: Schwarzer ist doch am Ziel, sagt Ralf Bönt. | |
Kristina Schröder will keine Feministin sein. Weil sie sich als Frau gern | |
weiblich anzieht, beim Sex nicht automatisch an Unterwerfung denkt und | |
lieber ihr Glück in Kind und heterosexueller Partnerschaft findet, als aus | |
Protest gegen das Patriarchat lesbisch zu werden. So gab sie es in dieser | |
Woche im Spiegel zu Protokoll. | |
Dass die Frauen- und Familienministerin mit dieser Argumentation Alice | |
Schwarzer auf den Plan ruft, die mit ihren ebenso schlichten Thesen dann | |
eifrig die Vorurteile der Frau Schröder bestätigt, ist kein Wunder. Denn | |
beide, Kristina Schröder mehr noch als Alice Schwarzer, bewegen sich mit | |
ihren Vorstellungen von dem, was sie für Feminismus halten, auf dem Stand | |
der siebziger Jahre. Die Weiterentwicklung feministischer Theorie und | |
Praxis hin zu einem zeitgemäßen Begriff von Geschlechtergerechtigkeit hat | |
Kristina Schröder schlicht ignoriert. | |
Dafür weiß sie aber sehr genau, dass sich mit ihrer Pauschalkritik an | |
Thesen, die aus guten Gründen etwas aus der Mode geraten sind, leicht | |
Zustimmung heischen lässt - nicht nur bei Frauen, die "einfach nur Frau | |
sein wollen", sondern auch bei männlichen Wählern. Wenn die | |
Frauenministerin aber fordert, man müsse endlich mal an die Jungs denken, | |
die angeblich viel zu lange vernachlässigt wurden, dann wird dahinter ein | |
politisches Programm deutlich. | |
Eine Quote lehnt sie strikt ab - stattdessen rät sie Frauen, doch | |
Elektrotechnik zu studieren, wenn sie mehr verdienen wollen. Und lieber | |
spricht sie von Jungenförderung, als sich mit männlichen Machtstrukturen zu | |
beschäftigen. Damit macht sie klar, dass eine zeitgemäße | |
Geschlechterpolitik von ihr nicht zu erwarten ist. Kristina Schröder | |
verteufelt den Feminismus von vorgestern, um sich als eine Konservative von | |
heute zu positionieren. | |
9 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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