# taz.de -- Türpolitik von Clubs im Visier: Schwarze mussten draußen bleiben | |
> Drei Studenten wird offenbar der Eintritt in eine Friedrichshainer | |
> Diskothek verwehrt, weil sie Ausländer sind. Kein Einzelfall, sagen | |
> Experten - und machen jetzt Testbesuche. | |
Bild: Mancherorts wird zu genau hingeschaut, wer auf die Tanzfläche darf und w… | |
Samuel Jee* und Thomas Lanvin*, beide 34 Jahre alt, kennen sich seit ihrer | |
Kindheit. In Freetown, der Hauptstadt von Sierra Leone, haben sie gemeinsam | |
Journalismus studiert, später für dieselbe Zeitung geschrieben. Doch | |
Pressefreiheit ist in Sierra Leone ein seltenes Gut. Jee floh 2006 nach | |
Deutschland, Lanvin ein Jahr später. Seit einigen Monaten studieren sie in | |
Berlin. "Nie hatte ich ein Problem, weil ich schwarz bin", sagt Jee. Bis | |
zum 7. August dieses Jahres. An jenem Samstagabend wollten sie den Club | |
Matrix am Warschauer Platz besuchen. | |
Die beiden Männer schildern den Fall so: Gegen 23 Uhr trafen sie einen | |
befreundeten Studenten aus dem Jemen und warteten vor dem Einlass des | |
Matrix. Als die drei Männer an der Reihe waren, forderte die Türsteher | |
deren Papiere. Die Besucher waren verdutzt. "Noch nie musste ich in einer | |
Diskothek meinen Pass zeigen", sagt Lanvin. Deshalb konnte er nur einen | |
Studentenausweis vorweisen. Alle drei mussten die Schlange verlassen. Sie | |
sollten etwas abseits warten. | |
Kurze Zeit später kam ein Türsteher auf sie zu und bat die Männer, das | |
Gelände zu verlassen. Die Begründung: Normalerweise lasse man keine | |
Ausländer in den Club. "So hat er es gesagt - wortwörtlich!", erinnert sich | |
Jee. Doch so schnell wollten die Studenten nicht aufgeben. Sie mischten | |
sich erneut unter die Wartenden. Auch dieses Mal wies man sie ab. "Kommt | |
schon, Jungs", soll der Security gesagt haben, "versucht es ein anderes | |
Mal. Heute habt ihr hier keine Chance." So erzählt es Jee. | |
Offiziell wollte sich die Geschäftsführung des Matrix nicht äußern. Doch | |
ein Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden möchte, kann sich die | |
Vorwürfe nicht erklären. "Bei uns darf jeder feiern, egal welcher Herkunft | |
er ist", sagt er. Es könne sich nur um eine unglaubwürdige Aussage der | |
Betroffenen handeln. "Möglicherweise waren sie unpassend gekleidet oder | |
betrunken", mutmaßt der Mitarbeiter. Jee und Lanvin streiten dies ab. | |
Dass es Diskriminierung an den Türen der Berliner Clubs gibt, sei bekannt, | |
sagt Lutz Leichsenring von der [1][Clubcommission Berlin]. Der Verband der | |
Berliner Club-, Party-, und Kulturereignisveranstalter erhält regelmäßig | |
Beschwerden aufgebrachter Gäste. "Männer werden manchmal abgewiesen, um das | |
Geschlechterverhältnis zu wahren", erzählt Leichsenring. Es sei ein | |
schmaler Grat zwischen guter Publikumsstruktur und Rassismus. "Ich würde | |
sicher nicht für jeden Türsteher die Hand ins Feuer legen", so | |
Leichsenring. | |
Die Neutralität der Securitys zu prüfen, darum bemüht sich das | |
Antidiskriminierungsnetzwerk (ADNB) Berlin. "Kleidung und Auftreten sind | |
oft nur ein Vorwand", sagt Projektleiterin Nuran Yigit, "in Wahrheit haben | |
viele Clubs eine Ausländerquote." Mit "Testings" überprüft der ADNB deshalb | |
seit Kurzem die Berliner Diskotheken: Probanden deutscher und ausländischer | |
Herkunft bemühen sich im gleichen Club um Einlass. Wird der Migrant | |
abgelehnt, kann der Club juristisch belangt werden. Denn seit 2006 gilt das | |
allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das jede Form der Benachteiligung | |
verbietet. Seitdem genüge eine Stichprobe, um gegen die Diskothek | |
vorzugehen, sagt Eva Maria Andrades, Anwältin des ADNB. "Bei guter | |
Indizienlage kann man auch Entschädigung einklagen", so Andrades. "Häufen | |
sich die Fälle, kann sogar die Konzession entzogen werden." Wichtig sei, | |
früh Kontakt zum Diskriminierungsnetzwerk aufzunehmen. "Es gibt eine | |
zweimonatige Klagefrist", so Andrades. | |
Für Jee und Lanvin kommt dieser Rat zu spät: Ihr Fall ereignete sich im | |
August. | |
*Name geändert | |
12 Nov 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.clubcommission.de/ | |
## AUTOREN | |
Alexandra Rojkov | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
antimuslimischer Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rassismus in Berliner Clubs: Tanzen und reden | |
Mit der Veranstaltungsreihe “Emergent Bass“ startet der Club Mensch Meier | |
am 17. Juli seine Sommersaison. Das Thema: Rassismus und Clubkultur. | |
Draußen vor der Tür: „Das war nicht rassistisch motiviert“ | |
Kai Villbrandt nimmt Stellung zu Vorwürfen gegen seine Bremer Firma „Public | |
& Private Security“, sie habe einem Flüchtling den Zugang zu einem Club | |
verwehrt |