# taz.de -- Streit um Rekommunalisierung: Wirtschaft will unter sich bleiben | |
> Die Kammern kritisieren Pläne des Landes, die Daseinsvorsorge stärker an | |
> sich zu ziehen - das verschuldete Berlin könne dies finanziell nicht | |
> stemmen. Verbraucher müssten letztlich dafür zahlen. | |
Bild: Daseinsvorsorge: Wasserspender der Berliner Wasserbetriebe | |
Die Berliner Wirtschaft ist strikt gegen Pläne des Landes, die | |
Daseinsvorsorge wieder stärker an sich zu ziehen. Eine | |
"Rückverstaatlichung" werde zum finanzpolitischen Desaster und gehe zu | |
Lasten der BürgerInnen, warnte am Donnerstag der Hauptgeschäftsführer der | |
Industrie- und Handelskammer (IHK), Jan Eder. "Insgesamt werden die Risiken | |
nur auf die Steuerzahler abgewälzt." Er verwies darauf, dass das Land auf | |
63 Milliarden Euro Schulden sitze und Kredite aufnehmen müsste, um Betriebe | |
zurückzukaufen. "Kredite müssen aber getilgt werden", so Eder. Der | |
wichtigste Grund, etwa den Teilverkauf der Wasserbetriebe rückgängig zu | |
machen, falle damit aus - für die Verbraucher werde es bestimmt nicht | |
billiger. | |
Die vor zehn Jahren geschlossenen Wasserverträge befand Eder dabei nicht | |
als gelungen. "Man hätte das Wasser durchaus in staatlicher Hand lassen | |
können", sagte er. Denkbar wäre auch gewesen, privates Wissen einzubringen | |
- oder aber Teile der Wasserversorgung auszuschreiben, und zwar alle paar | |
Jahre aufs Neue. Die derzeitige Diskussion indes sei verlogen. "Das ist | |
doch nur ein politisches Spiel, die Politiker sind doch selber schuld." Dem | |
Land sei es bei dem Verkauf nur darum gegangen, an Geld zu kommen. | |
Auch die Gründung eines kommunalen Energie-Unternehmens halten die | |
Wirtschaftsvertreter für nicht finanzierbar. Sie finden schon die | |
Grundüberlegung falsch: "Man kann vielleicht die Spielregeln ändern, aber | |
der Staat sollte nicht mitspielen", sagte der Hauptgeschaftsführer der | |
Handwerkskammer, Jürgen Wittke. Sein Kollege Eder warf zudem die Frage auf, | |
wie sich die Klimaschutzziele des Senats mit den Überlegungen verbinden | |
lassen, auf Strom aus landeseigenen Müllverbrennungsanlagen zu setzen. | |
Indes: IHK-Präsident Eric Schweitzer ist Chef des privaten Entsorgers Alba, | |
der auf dem Berliner Müllmarkt um mehr Einfluss buhlt. | |
IHK und Handwerkskammer haben einen eigenen "Fahrplan für mehr Wettbewerb" | |
entworfen. Auf 33 Seiten geben sie Handlungsempfehlungen, wie Betriebe der | |
Daseinsvorsorge effizienter arbeiten könnten. Der weiteren Diskussion sehen | |
die Kammern nach eigenen Worten gelassen entgegen: Die Politiker sollten im | |
Wahlkampf ruhig erklären, wie sie Kosten und Risiken der Rückkäufe stemmen | |
wollten, so Eder. | |
12 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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