# taz.de -- Strahlende Seefahrt: Häfen weiter auf Atomkurs | |
> Bürgerschaft fordert Ende der Atomtransporte über die bremischen Häfen. | |
> Die Hafenwirtschaft aber, die dies durchsetzen könnte, will auf | |
> radioaktive Fracht nicht verzichten. | |
Bild: Cherbourg 1999: Proteste gegen Atomfracht sind logistisch schwieriger, ab… | |
Mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken forderte die Bürgerschaft | |
gestern den Senat auf, "alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten" | |
auszuschöpfen, um "Transporte von Kernbrennstoffen und deren | |
Abfallprodukten" durch die bremischen Häfen zu verhindern. Dies betreffe | |
nicht nur die geplanten Atomtransporte vom Zwischenlager Ahaus ins | |
russische Majak und den Import plutoniumhaltiger MOX-Brennelemente für das | |
AKW Grohnde, sondern auch die Transporte von Urandioxid und Uranhexafluorid | |
von und zu den Urananreicherungsanlagen in Gronau und Almelo sowie der | |
Brennelementefabrik in Lingen, unterstrichen sie. | |
Rechtlich denkbar sind drei Wege. Der erste, der Versuch die | |
Transportgenehmigung an sich zu verhindern, gilt juristisch als eher | |
aussichtsloses Unterfangen. | |
Der zweite wäre eine Änderung der bremischen Hafenordnung. Diesen Weg | |
beschritt etwa Emden. Paragraf 11 der dortigen "besonderen Hafenordnung" | |
hält fest: "Gefahrengüter, die als Atommüll oder Sondermüll einzustufen | |
sind, dürfen in Emder Hafenbereichen weder gelagert, im Transit befördert | |
noch umgeschlagen werden." Auch Lübeck brüstet sich damit, schon vor 20 | |
Jahren einen entsprechenden Bürgerschafts-Beschluss gefällt zu haben. | |
Angeblich wurde die Hafenordnung aber nie entsprechend geändert. Das | |
Bundesverkehrsministerium konnte gestern auf taz-Anfrage nicht sagen, ob | |
ein solcher Beschluss im Falle Bremens rechtlich zulässig wäre oder nicht. | |
Die dritte und einfachste Möglichkeit, den Umschlag von Kernbrennstoffen | |
und ihren Abfällen in Bremen zu verhindern, wäre, wenn die Hafenbetriebe | |
diese Transporte ablehnten. | |
Entsprechend appellierte die Bürgerschaft gestern an die private | |
Hafenwirtschaft, "sich solchen Transporten zu verweigern." Den Senat | |
forderte sie auf, "als Eigentümervertreter in von der öffentlichen Hand | |
beherrschten Unternehmen nachdrücklich darauf hinzuwirken, dass diese sich | |
nicht an derartigen Transporten und Umschlägen beteiligen." Letzteres | |
betrifft insbesondere die BLG Logistics Group, die mehrheitlich der | |
öffentlich kontrollierten Bremer Lagerhausgesellschaft gehört, sowie die | |
Eurogate, ein Gemeinschaftsunternehmen der BLG und der Hamburger Eurokai. | |
Abgeordnete von SPD und Grünen sowie Häfensenator Günthner erinnerten | |
gestern in der Bürgerschaft an die massiven Proteste gegen den jüngsten | |
Castor-Transport ins Wendland. Kein Unternehmen könne ein Interesse daran | |
haben, wenn der Betrieb der bremischen Häfen wegen eines Atomtransportes | |
tagelang stillgelegt werde. Ziel, so Günthner, sei daher ein "akzeptierter | |
Konsens der Hafenbetriebe" in der Atomtransport-Frage. | |
Derzeit scheint der Konsens allerdings anders auszusehen, als von der | |
Politik erhofft. Die Bremische Hafenvertretung, der Verein Bremer | |
Spediteure und der Unternehmensverband Bremische Häfen unterstrichen | |
gestern in einer gemeinsamen Erklärung: "Alle Transporte, die legal sind, | |
müssen auch weiterhin über unsere Häfen abgefertigt werden." Jede | |
Einschränkung dieses Prinzips "schädigt nachhaltig den Ruf der bremischen | |
Häfen als zuverlässige Schnittstelle zwischen Land- und Seeverkehr". | |
Für die BLG stellte deren Sprecher Andreas Hoetzel klar: "Es gibt keinen | |
Beschluss und wird keinen geben, der generell den Umschlag bestimmter Waren | |
ausschließt." Dies sei auch in unzähligen Verträgen mit Reedereien so | |
geregelt. Bei Neuverträgen werde man dies ebenso handhaben, kündigte er an. | |
Allenfalls bei Transportanfragen außerhalb bestehender Verträge werde man | |
"im Einzelfall prüfen", ob man Umschlag oder Transport bestimmter Waren | |
ablehne. Für diesen Fall nehme man den Appell der Politik "sehr ernst". | |
Eurogate äußerte sich ähnlich. | |
11 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Armin Simon | |
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Hamburger Senat | |
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