# taz.de -- Steigende Mieten in Berlin: Wohnungen werden Mangelware | |
> In fünf Jahren gibt es praktisch keine leerstehenden Wohnungen mehr, | |
> sagen die Vermieter. Das ist Quatsch, meint der Senat. Die Preise für | |
> Neuvermietungen ziehen weiterhin kräftig an. | |
Bild: Wunschkandidaten bevorzugt: Wohnungssuche in München. | |
Berlin steht vor einer Wohnungsnot. Der Verband Berlin-Brandenburger | |
Wohnungsunternehmen (BBU) prognostiziert, dass bis 2015 nur noch 3.000 | |
Wohnungen leer stehen könnten - das wäre weniger als ein Prozent des | |
Bestands. Ursache für die Entwicklung sei der Trend zu kleineren | |
Haushalten, erklärte Vorstandsmitglied Maren Kern am Dienstag. Nirgends | |
lebten so viele Singles wie in Berlin. Auch der erwartete Zuzug von 50.000 | |
Menschen spiele eine Rolle; gleichzeitig stagniere der Neubau. "Es wird auf | |
dem Mietwohnungsmarkt enger", sagte Kern. Die Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung wies die Zahlen zurück. Die Grundlagen für die Studie | |
seien nicht nachvollziehbar, sagte Verwaltungssprecher Mathias Gille. Die | |
Senatsverwaltung geht bisher von einem Leerstand von 100.000 Wohnungen aus, | |
lässt den Bestand aber gerade überarbeiten. | |
Ende vergangenen Jahres standen bei den BBU-Mitgliedsunternehmen in Berlin | |
noch 22.000 Wohnungen leer; der Verband deckt etwa 40 Prozent des | |
Mietwohnungsbestands ab. Die Prognose wurde vom Hamburger Gewos-Institut | |
für den BBU erstellt. Der bediente bislang gern das Mantra vom entspannten | |
Berliner Markt mit sattem Leerstand und moderaten Preisen. In der Debatte | |
über sozialen Wohnungsbau und eine neue Wohnungspolitik nutzen dem Verband | |
indes die Zahlen, um erneut auf billiges Bauland zu dringen. Neubau sei | |
notwendig, sagte Kern. Die Wohnungsunternehmen sähen sich aber unter den | |
derzeitigen Bedingungen nicht in der Lage, zu investieren. "Günstiges | |
Bauland vom Land wäre ein Schritt in die richtige Richtung", so Kern. Der | |
Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung wies die Forderung zurück. | |
Der BBU geht davon aus, dass für Neubauten mindestens 10 Euro Miete pro | |
Quadratmeter genommen werden müssten. Bekämen Baugenossenschaften und | |
-unternehmen kostenlos Grundstücke, könnte der spätere Mietpreis dem | |
Verband zufolge um 1,50 Euro pro Quadratmeter gedrückt werden. Auch dann | |
lägen die Preise indes noch deutlich über der Durchschnittsbestandsmiete | |
von 4,79 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2009. Darauf wies auch der | |
Mieterverein hin. "Neubau käme nicht den Haushalten zugute, die auf | |
kostengünstigen Wohnraum angewiesen sind", sagte Vereinsvorsitzender Reiner | |
Wild. | |
Ein erster Schritt zur Entspannung wäre hingegen eine Deckelung bei | |
Neuvermietungspreisen. "So könnten Unternehmer die Marktlage nicht | |
ausnutzen", sagte Wild. Der BBU lehnt staatliche Eingriffe in die | |
Preispolitik ab und bezeichnet sie als Investorenhemmnis. "Der Senat sollte | |
auf Kooperation statt auf Zwang setzen", erklärte Kern. Tatsächlich liegen | |
die Mieten bei neuen Vertragsabschlüssen mit durchschnittlich 5,26 Euro pro | |
Quadratmeter BBU-weit um 10 Prozent höher als die Bestandsmieten (siehe | |
Kasten). Gegenüber 2008 stiegen die Neuvermietungspreise um 3,5 Prozent. | |
Die Bestandsmieten stiegen um 1,9 Prozent auf 4,79 Euro pro Quadratmeter; | |
sie liegen damit unter dem Mietspiegel (4,83 Euro). | |
Die höchsten Mieten pro Quadratmeter im Bestand des BBU wurden 2009 in | |
Charlottenburg-Wilmersdorf (5,24 Euro), Steglitz-Zehlendorf (5,07 Euro) und | |
Friedrichshain-Kreuzberg (5,05 Euro) gezahlt. Gerade letzterer Bezirk ist | |
bei Studierenden beliebt - sie suchen kleine Wohnungen, die meist teurer | |
sind als größere. Über 90 Prozent der nachgefragten Wohnungen sollten dort | |
nicht mehr als zwei Zimmer haben. Dieser Trend sei in ganz Berlin zu | |
beobachten, so der BBU. "Kleine Wohnungen werden knapp." | |
Den kräftigsten Anstieg spürten Mieter in Tempelhof-Schöneberg (3,1 Prozent | |
auf 4,72 Euro). Hier sei viel saniert worden, mutmaßt der BBU. Es zeige | |
sich, dass nach den Modernisierungen im Osten der Fokus nun in den Westteil | |
wandere. | |
17 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
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Diskriminierung | |
Mieten | |
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