# taz.de -- Auszeichnung durch junge Flüchtlinge: Abschiebeminister de Maiziè… | |
> Zweifelhafte Ehre: Weil er Flüchtlinge nach Griechenland abschieben | |
> lässt, ist Innenminister Thomas de Maiziére für eine Jugendinitiative der | |
> "Abschiebeminister des Jahres 2010". | |
Bild: Für "Jugendliche ohne Grenzen" die negative Nummer eins in der Abschiebe… | |
Er war nicht der Favorit, doch am Ende lag er überraschend klar vorn. | |
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist Abschiebeminister des | |
Jahres 2010. Die zweifelhafte Ehrung verliehen ihm am Donnerstag | |
"Jugendliche ohne Grenzen", ein Zusammenschluss junger Flüchtlinge in | |
Deutschland. | |
Mit 98 Stimmen wählten sie de Maizière zu ihrem ärgsten Gegner, noch vor | |
dem bisherigen Titelträger, dem niedersächsischen CDU-Innenminister Uwe | |
Schünemann (58 Stimmen) und dem bayerischen Innenminister Joachim Hermann | |
(CSU), der 42 Stimmen erhielt. | |
Schünemann macht sich für Massenabschiebungen von Roma ins Kosovo stark, | |
Hermann hält an den Sammelunterkünften fernab von bayerischen Dörfern und | |
Städten fest. Doch für de Maizière sprach, dass dieser unbeeindruckt von | |
allen Warnungen, weiter Flüchtlinge nach Griechenland abschieben lässt. | |
"Obwohl Flüchtlinge in Griechenland keine Chance auf Asyl haben, auf der | |
Straße leben und illegal in die Türkei abgeschoben werden. Darum hat de | |
Maizière verdient gewonnen", erklärte die Sprecherin von "Jugendliche ohne | |
Grenzen", Newroz Duman. | |
"Blanken Realitätsverlust", bescheinigte ihm auch Bernd Kasparek von der | |
Initiative "Welcome to Europe". In Griechenland gäbe es für Flüchtlinge | |
keinerlei staatliche Hilfe. "Man sieht die Flüchtlinge in Athen auf der | |
Straße, ganze Familien sind dort obdachlos, sie betteln und ernähren sich | |
aus dem Müll", berichtet Kasparek von seinen Eindrücken vor Ort. In letzter | |
Zeit seien Flüchtlinge vermehrt angegriffen worden, mit Fäusten aber auch | |
mit Messern. | |
Das UN-Flüchtlingswerk, Amnesty International und der | |
EU-Flüchtlingsbeauftragte haben davon abgeraten, Flüchtlinge nach | |
Griechenland abzuschieben. Bis vor einem Jahr waren die Menschen in Lagern | |
interniert, die die griechische Regierung nach Protesten auflöste. | |
Auch das Bundesverfassungsgericht hat im vergangen Jahr in einem Einzelfall | |
eine Abschiebung nach Griechenland ausgesetzt. Flüchtlinge, die durch | |
Anwälte vertreten werden, können sich auf diese Entscheidung nun mit Erfolg | |
berufen. So hat Deutschland von Januar bis Oktober 1.826 Anfragen an die | |
griechische Regierung gestellt, um Flüchtlinge loszuwerden. | |
Doch nur 43 Menschen wurden tatsächlich abgeschoben, jene die von der | |
Bundespolizei an der Grenze festgenommen und umgehend zurückgeschickt | |
wurden. Und die Bundespolizei untersteht Innenminister de Maizière. Der | |
kann sich auf des europäische Abkommen Dublin II berufen. Es legt fest, | |
dass die Länder sich um Asylverfahren zu kümmern haben, die Flüchtlinge | |
zuerst betreten. | |
19 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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