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# taz.de -- Bayrische Asylpolitik: Schützt Begabung vor Abschiebung?
> In Bayern wird Asylpolitik bundesweit am härtesten ausgelegt. Jetzt aber
> will sich die CSU für das Bleiberecht einer 15-Jährigen einsetzen, die
> besonders gut in der Schule ist.
Bild: Neuerdings kann Begabung zu einem Kriterium für die Aufenthaltserlaubnis…
MÜNCHEN taz | So viel Lob von allen Seiten gibt es in der bayerischen
Politik selten für abgelehnte Asylbewerber kurz vor ihrer Abschiebung. "Man
kann sagen, dass das Mädchen wirklich sehr begabt ist", meint Sylvia
Stierstorfer von der CSU. "Das ist ein außerordentlich positiver Fall, wie
sich Menschen in die Gesellschaft integrieren", sagt Beate Wild von der
SPD. "Durch die Abschiebung würde ihrer hochbegabten Tochter ein
Schulabschluss verwehrt", mahnt Maria Scharfenberg von den Grünen.
"Manchmal geht der Mensch vor den Gesetzen", fin- det Tobias Thalhammer von
der FDP.
Am Mittwoch verhandelte der Petitionsausschuss des bayerischen Landtags
über die Abschiebung einer Mutter und ihrer Tochter aus Regensburg in die
russische Kaukasusrepublik Dagestan. Die Abgeordneten entschieden
einstimmig, den Fall an die Härtefallkommission des bayerischen
Innenministeriums zu übergeben. Nachdem der Fall die Hürde im Landtag
genommen hat, gilt es nun als wahrscheinlich, dass die Familie ein
Bleiberecht in Deutschland bekommt. Die Härtefallkommission entscheide
meistens positiv, so Maria Scharfenberg von den Grünen.
Sie freue sich, dass nun bald wieder Normalität einkehre, sagte das
15-jährige Mädchen nach der Ausschusssitzung. Sie floh mit ihrer Familie
2006 aus Dagestan nach Bayern. Sie lernte Deutsch, bekommt in der Schule
gute Noten und steht kurz vor dem Abschluss an der Mittelschule. In ihrer
Schule hilft das Mädchen ehrenamtlich als Streitschlichterin. Ihr Vater ist
vor wenigen Jahren gestorben, ihre Mutter hat eine unbefristete Anstellung.
Dennoch kam ohne große Vorwarnung am 5. November früh halb acht die Polizei
in die Wohnung der Familie. Sie nahmen die Mutter mit. Die Behörden hatten
ihren Asylantrag abgelehnt, sie kam in Abschiebehaft. Am 11. November
sollten Mutter und Tochter das Land verlassen. Am Nachmittag des 10.
November setzte das Innenministerium die Abschiebung jedoch ab - wegen
einer Eilpetition an den Landtag. Mitschüler und Lehrer des Mädchens,
Arbeitgeber und Kollegen der Mutter hatten sich gegen die Abschiebung der
vorbildlich integrierten Familie eingesetzt. Die Opposition überzeugte die
CSU, für die Petition zu stimmen.
Die CSU-Abgeordneten seien sehr zugänglich für ihre Argumente gewesen, lobt
Grünen-Politikerin Scharfenberg. Das sei nicht immer so gewesen. Für die
Einrichtung der Härtefallkommission habe die Opposition zehn Jahre lang
kämpfen müssen. Wenn es nach der deutschen Innenministerkonferenz geht,
sollen so positive Asyl-Entscheidungen wie diesen Mittwoch in Zukunft zum
Normalfall werden. Vergangene Woche sprachen sich die Landesinnenminister
für ein generelles Bleiberecht für Schulkinder und ihre Eltern aus - wenn
die Kinder als gut integriert gelten. Im nächsten Jahr soll der Kompromiss
zum Gesetz werden. In Zukunft werde bei Härtefällen wie dem in Regensburg
sicher häufiger positiv entschieden, so Scharfenberg.
Bis für Tochter und Mutter wieder Normalität einkehrt, ist es vermutlich
nur noch eine Frage von Tagen. Schon am Donnerstag könnte sich der
Härtefallausschuss mit dem Fall befassen. Entscheidet er zugunsten der
Familie, kann Innenminister Joachim Herrmann eine Aufenthaltsgenehmigung
erteilen. Seine Parteifreunde von der CSU würden das auf jeden Fall
begrüßen.
25 Nov 2010
## AUTOREN
Bernhard Hübner
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