# taz.de -- IMMOBILIENBÖRSE: Kapitalismus stiftet Verwirrung | |
> Eines der letzten ehemals besetzten Häuser in unsaniertem Zustand steht | |
> zum Verkauf - oder auch nicht: Der Eigentümer dementiert | |
> Verkaufsabsichten. | |
Bild: Kapitalismus tötet ... bald auch die Kastanie 86? | |
Eigentlich gehört es ins Museum, das Haus an der Kastanienallee mit der | |
Nummer 86. Es ist eines der letzten ehemals besetzten Häuser an der sonst | |
schick sanierten Straße, das immer noch so aussieht. Historische Ruhe aber | |
will nicht einkehren in dem Projekt mit 40 Bewohnern, Volxküche, | |
Veranstaltungsräumen und Tuntenhaus - stattdessen herrscht Verwirrung um | |
seine Zukunft. Einer der Eigentümer dementierte am Montag einen Bericht | |
über den anstehenden Verkauf des Hauses in Prenzlauer Berg. "Ich habe | |
keinen Makler beauftragt", stellte Michael Brauner klar. Gleichwohl | |
bestätigte die Allgemeine Immobilien-Börse die Verkaufsabsichten. "Wir | |
haben das Haus im Angebot", sagte eine Sprecherin. | |
Das Objekt findet sich zwar nicht auf der Internetseite des Unternehmens, | |
ein gescanntes Exposé kursiert aber im Netz. Darin wird für das | |
heruntergekommene Gebäude, dessen Fassade der Schlachtruf "Kapitalismus | |
normiert - zerstört - tötet" ziert, ein Preis von 1,3 Millionen Euro | |
angesetzt. Im Keller des Hauses war bis vor Kurzem auch der "Umsonstladen" | |
beheimatet. Der hat im Moment geschlossen und wurde vom Gerichtsvollzieher | |
versiegelt. | |
Seit 2004 gehört das Haus der Kastanienallee 86 GbR, hinter der unter | |
anderem Michael Brauner steht. Die Eigentümer hatten mit den Bewohner | |
günstige Mietverträge abgeschlossen, wollten das Haus aber sanieren. Ihre | |
Idee: Das Dachgeschoss sollte ausgebaut werden, die lukrativen | |
Mieteinnahmen sollten die günstigen Preise in den niedrigeren Geschossen | |
subventionieren. Doch die Verhandlungen mit den Bewohnern führten trotz | |
Mediation von Politikern und Stadtteilarbeitern zu keinem Ergebnis. | |
Im Moment sprechen die Eigentümer mit den Bewohnern über ein Konzept für | |
den Umsonstladen, wie Brauner sagte. "Wir haben keine konkreten | |
Verkaufspläne." | |
Der Makler gibt die Fläche mit 1.780 Quadratmetern (inklusive Dachausbau) | |
an. Die Mieteinnahmen pro Jahr sollen laut Verkaufsprospekt auf 170.000 | |
Euro steigen - von derzeit 51.800 Euro. Nicht erwähnt sind in dem Exposé | |
die derzeitigen BewohnerInnen und ihre hartnäckige Haltung in | |
Verhandlungen. Indes bietet der Makler eine Besichtigung an - dabei dürften | |
sich die Mieter wohl bemerkbar machen. | |
Unklar ist, wie sich die derzeitigen Bewohner zu dem nun kursierenden | |
Verkaufsprospekt verhalten werden - theoretisch könnten sie selbst | |
zuschlagen. Das Mietshäuser Syndikat etwa berät ähnliche Hausprojekte, | |
hilft beim Organisieren von Krediten und Bürgschaften. Zudem erarbeitet das | |
Syndikat gemeinsam mit Bewohnern ein Konzept, Mieteinnahmen langfristig | |
anzulegen. Der Verein hat auch schon Projekte in der Größenordnung der | |
Kastanienallee begleitet. Ob sich die Bewohner auf derartige Verhandlungen | |
zu dem angebotenen Kaufpreis einlassen, ist allerdings unklar. | |
30 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
## TAGS | |
Hausbesetzung | |
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