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# taz.de -- Kommentar Merkels Klimapolitik: Kabeln gegen Erderwärmung
> In mindestens einem Punkt führt die neueste Wikileaks-Veröffentlichung in
> die Irre: Angela Merkel verfolgt keine "ernsthaft aggressive
> Klimapolitik" - sie verkündet sie bloß.
Es ist schön, dass das alte Wort "kabeln" statt des neuen "mailen" durch
die Wikileaks-Enthüllungen wieder in Mode kommt. Ansonsten ist ernüchternd,
dass die interne Sprache in den "Cables" in Sachen Klimapolitik genauso
inhaltlicher Bullshit ist wie die nach außen abgegebenen offiziellen
Statements - wenn auch in klareren Worten.
Angela Merkel verfolgt nicht eine "ernsthaft aggressive Klimapolitik", sie
verkündet bloß eine. Natürlich ist die Kanzlerin führend in der
Klimapolitik und hat die EU genauso wie Deutschland dazu gebracht,
ambitionierte Minderungsziele bei Treibhausgasen zu verkünden. Doch da ist
sie die Einäugige unter Blinden. Was passiert wirklich im Klimalande?
Da sieht es doch eher mau aus: Im Zweifelsfall zieht die Klimapolitik den
Kürzeren, sei es bei der Abwrackprämie für Autos, bei gekürzten Mitteln zur
Gebäudedämmung, bei einer Blockade von internationalen Flugbenzinsteuern,
beim Großprojekt Regenwald statt Öl in Ecuador - und und und.
Originell ist auch die Aussage im Diplomatenkabel, dass Merkel in
Deutschland überwältigende Unterstützung für ihre Klimapolitik genießt.
Denn wir lieben Bürgerklimaschützer sind nicht nur Export-, sondern auch
Klimabekenntnis-Weltmeister. Die Realität: Kaum eine Nation fliegt öfter
(der Kommentator inbegriffen), kaum eine fährt dickere Autos und verbraucht
mehr Strom pro Kopf und Jahr (über 7.000 Kilowattstunden).
So lässt sich der Klimawandel nicht mehr stoppen und entsprechend sind ja
auch die neuesten Projektionen der Klimaforscher eher im Bereich vier Grad
Erwärmung als in den gerade noch in den Griff zu bekommenden zwei Grad
Celsius.
Und der kalte Dezemberanfang, den wir gerade erleben? Ist das nicht ein
Beweis gegen die Klima-Unkerei der Umweltschützer? Leider nein. Denn ein
entgleisendes Klima bringt ja gerade größere Schwankungen mit sich. Im
Schnitt wird es wärmer, aber die Extreme werden stärker. Das Wetter
schaukelt hin und her wie die gekabelten Geheimdepeschen unter dem
Atlantik, da braucht man kein Wikileaks dafür.
3 Dec 2010
## AUTOREN
Reiner Metzger
Reiner Metzger
## TAGS
Lesestück Recherche und Reportage
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