Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar GEZ-Modell: Her mit den Milliarden
> Mit dem GEZ-Modell wurde eine marktferne Parallelwelt etabliert. Wieso
> muss das so bleiben? Das geht an der Realität vorbei. Wir brauchen
> dringend eine gesellschaftliche Debatte.
Bild: Wer kennt sie nicht: Die Briefbögen der GEZ.
Zur Medienrevolution gehört, dass der Begriff des Mediums selbst sich
aushöhlt. Jeder, der es sein will, ist ein Medium. Die "Medien" sind nur
noch Teil der Öffentlichkeit, sie sind nicht mehr die Öffentlichkeit
selbst. Das tut weh, besonders den Medien.
Und da ist etwas, das ist noch schmerzhafter: Die Revolution schafft das
Geld ab! Medien verlieren ihr Geschäftsmodell. Zeitungen lebten davon, dass
sie den Markt organisierten. Sie umstellten ihre Rubrikenanzeigen mit
Inhalt. Wer in Osnabrück ein Auto kaufen wollte, musste den Osnabrücker
Boten kaufen. Zeitungen hatten ein Monopol in den Regionen. Aus den
Inhalten allein hat sich allerdings noch kein Medium je refinanziert.
Heute hat nur noch eine Art von Medium ein abgesichertes Geschäftsmodell -
das sind die Öffentlich-Rechtlichen. In dem Moment, da praktisch alle
privaten Medien um ihre Einnahmen bangen, und überdies, wenn sie zu den
alten Medien gehören, immer mehr junge Leser und Mediennutzungszeit ans
Internet verlieren, haben die Rundfunk- und Fernsehanstalten einen
Bestandsschutz durch eine neue Zwangsgebühr erhalten. Praktisch jeder
Haushalt muss nun Fernsehgebühren bezahlen, zurzeit 215,76 Euro pro Jahr.
Das Budget der Anstalten beläuft sich auf etwa acht Milliarden Euro im
Jahr. Zum Vergleich: Die Kirchensteuer liegt bei neun Milliarden Euro. Die
Gesamtheit der Kultursubventionen der Länder und Gemeinden - alle
Orchester, Opern, Bibliotheken, Museen - beträgt acht Milliarden. Die
öffentlich-rechtliche Parallelwelt ist den Deutschen genauso viel wert wie
ihre Landwirtschaft oder die Wissenschaft.
Nun ist es ja richtig, dass jeder, der einen Kopf hat und zappt, in der
Regel bei den Anstalten landet. Aber brauchen sie wirklich pro Region ein
Gesundheitsmagazin? Kann es sein, dass die Öffentlich-Rechtlichen ganz
allein von jener exorbitanten Kulturflatrate leben, die die GEZ jedem armen
Sünderlein - wie einst die Kirche den Zehnten - abpresst? Das ZDF-Publikum
ist im Durchschnitt 63 Jahre alt. Jeder 20-Jährige, der sich seine erste
Butze leistet, muss dafür bezahlen. Ist das gerecht? Oder sind andere
Modelle möglich?
Ließen sich die Anstalten beispielsweise um ein Viertel verkleinern, sodass
zwei Milliarden Euro durch Ausschreibungen neu verteilt werden könnten?
Denkbar wäre doch, dass ein Onlineportal zu Energie oder eine Datenbank zu
Gesundheit ausgelobt würden - und dass alle Medien, privat oder öffentlich,
sich mit ihren Konzepten darauf bewerben. Dies würde eine gesellschaftliche
Debatte über die wirklich relevanten Themen auslösen. Es gibt keine
Revolution, die nicht auch Institutionen sprengt.
10 Dec 2010
## AUTOREN
Thierry Chervel
## TAGS
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
## ARTIKEL ZUM THEMA
taz Medienkongress 2011: Das falsche Ende der Revolution
Mit dem Internet kam die Hoffnung auf eine demokratische Kommunikation.
Doch inzwischen ist die Stimmung depressiv. Es geht fast nur noch um
Gewinne.
Selbstverständnis von Journalisten: Die Pressefreiheit liegt schon im Bett
Wer sich um die Unabhängigkeit der Presse sorgt, muss sich mit der
Abhängigkeit der Journalisten befassen. Denn viele von ihnen haben
inzwischen ein Problem mit ihrer Haltung.
Italienischer Journalist über freie Presse: "Unsere Sprache ist einfach und di…
Marco Travaglio ist Chefredakteur der freien italienischen Tageszeitung "Il
fatto quotidiano". Im Interview erzählt er über abgelehnte Subventionen,
Berlusconi und ihren großen Erfolg.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.